: Nicht die Shake-Hands-Schiene
■ Will musikalische Freiräume: Vorzeigeschwiegersohn und Großraum-Popper Sasha rebelliert im CCH
Nie wieder der Traum potenzieller Schwiegermütter? Sasha, der Republik erfolgreichster Schmusepopper im besten Sinne, gibt sich auf seinem jüngsten Album als lederjackenkantiger Rocker und sieht das als notwendige künstlerische Weiterentwicklung. taz hamburg sprach mit dem bekennenden Gelegenheits-Currywurst-Verzehrer und Großraumhallenfüller über Gitarrenbretter und „Artist Development“, härtere Fahrwasser und eingefleischte Fans.
taz hamburg: Wo stehen Sie – nach eigener Einschätzung – stilis-tisch?
Sasha: Sehr schwierig. Ich möchte wenig Abstriche machen von meinem Musikgeschmack und dem, was ich in meiner Musik verpacken will. Ich war immer ein bisschen störrisch, wenn es galt, mich irgendwo einzuordnen. Wenn ich es dann tun sollte, dann mache ich ganz klar Popmusik. Ein weites Feld, aber ich finde es traurig, wenn einem dort keine Freiräume gelassen werden. Die will ich aber. Ich möchte eine harten Song machen können mit einem Gitarrenbrett – ebenso wie eine Soulnummer, die ein wenig seichter daherkommt. Was nicht heißt, dass sie keinen Tiefgang hat, sondern nur anders gesungen, Popmusik.
Nichts Ehrenrühriges...
Es kommt halt immer darauf an, wie man's macht. Ich habe mit den beiden ersten Platten die Erfahrung gemacht, dass jetzt einfach etwas anderes kommen musste. Dass ein bisschen Drive reinkommen muss, mit Ecken und Kanten, mit Gitarren, mit richtigem Schlagzeug. Weil einfach auch die Live-Performance sich zu sehr von der Plattenproduktion unterschieden hat. Deshalb musste die dritte Platte anders sein.
Was sagen die Fans zum, tja, sanften Stilruck?
Viele aus meinem Umkreis hatten ja damals schon Bedenken, ob ich meine Beziehung zu meiner Freundin publik mache sollte, und siehe da, die Reaktion der Fans war einfach unfassbar positiv. Und deshalb habe ich auch dem Feedback bei diesem Schlenker ins härtere Fahrwasser relativ gelassen entgegengesehen: Weil ich an meine Fans glaube. Die kennen mich. Die eingefleischten Fans, die mich bei jeder Tour erleben, haben ja eh bereits mitgekriegt, wo der Hase langläuft. Die wären ja geradezu enttäuscht gewesen, wenn's auf der letzten Platte anders geklungen hätte als live.
Spüren Sie seitens der Plattenindustrie einen gewissen Druck, den Erfolgskurs beizubehalten?
Ich habe in der Hinsicht sehr viel Glück gehabt. Natürlich, wer will das bestreiten, ist eine Plattenfirma wie jede Firma auch erfolgsorientiert. Und wenn mal eine Single nicht so gut läuft, gibt es auch schon mal Stirnrunzeln und Ratlosigkeit. Und als ich mit der Single „Here She Comes Again“ aufwartete, machten die dort auch erst mal große Augen. Aber ich habe eine Company, die sich „Artist Development“ ganz groß auf die Fahnen geschrieben hat. Letztlich bin ich ein Künstler, der sich weiterentwickeln und sich nicht immer reproduzieren möchte. Zugegeben, das war ein Lernprozess, aber man wird mit der Zeit selbstbewusster und kann seine Vorstellungen auch gegen Widerstände besser durchsetzen.
Was ist aus Ihren Amerika-Plänen geworden?
Über Platz 130 in den Billboard-Charts sind wir leider nicht hinaus gekommen. Amerika würde jahrelanges Rumtingeln bedeuten. Dann lieber ein paar Jahre warten und dann mit einer Band 'rübergehen, in kleinen Clubs spielen und mir damit einen Namen machen, als über diese Shake-Hands-Schiene zu reüssieren, was man oft genug machen muss.
Interview: Tom Fuchs
Sonntag, 20 Uhr, CCH 3
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