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Gerüchte kochen Grüne klein

Plant Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Clement den Ausstieg aus Rot-Grün? Die Grünen stimmen seinem Lieblingsprojekt, dem Metrorapid, zu und Clement verhandelt mit FDP-Chef

„Die Grünen sollen gequält werden, bis sie quieken“, frohlocken die Genossen

aus Köln PASCAL BEUCKER

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement hat zur Zeit keinen Grund zur Klage: Wenn es nach seiner Regierungserklärung am Freitag zum Koalitionsschwur für sein Lieblingsprojekt den Metrorapid kommt, wird sich kein Grüner verweigern. Einstimmig beschloss die grüne Fraktion am Dienstag, dem gemeinsamen Antrag von grüner und SPD-Fraktion für den Metrorapid zuzustimmen. Mit dem Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, „die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Realisierung“ des Projekts zu schaffen. Bereits am vergangenen Sonntag hatte sich der grüne Landesparteirat mit großer Mehrheit für die weitere Planung des Metrorapids ausgesprochen.

Leichtgefallen ist den Grünen die Entscheidung nicht. Zu groß sind noch immer die Zweifel über die Sinnhaftigkeit einer Magnetschwebebahn zwischen Dortmund und Düsseldorf und zu ungewiss sind die finanziellen Risiken. Doch ihre Bedenken äußern die Grünen nur noch äußerst zurückhaltend. „Ob der Metrorapid wirklich Realität wird, wird in den nächsten Monaten entschieden“, sagt beispielsweise Landesumweltministerin Bärbel Höhn diplomatisch. Die grüne Frontfrau ist aus gutem Grund vorsichtig: Der selbsternannte „Macher“ Clement will sich mit dem milliardenschweren „Clementino“ ein Denkmal setzen. Da bringen den als cholerisch bekannten 61-Jährigen schon die leisesten Zweifel in Rage. Und notfalls bräuchte er die Grünen nicht.

Die FDP steht jederzeit auf Abruf bereit, wie der liberale Landes- und Landtagsfraktionschef Jürgen W. Möllemann unermüdlich betont. „Beim Metrorapid, bei der Stammzellenforschung, beim Thema Energiepolitik ist wie in anderen Bereichen klar: Mit diesen Grünen ist kein Staat zu machen“, verkündet der FDP-Zampano. Wer sich weiter an sie binde, werde aus der Gestaltungsrolle im Staat verschwinden. „Ich denke, Herr Clement weiß das“, so Möllemann.

Seit Wochen wird auf den Fluren des Düsseldorfer Landtags darüber spekuliert,ob Clement den Ausstieg aus dem rot-grünen Bündnis in Nordrhein-Westfalen plant. Hartnäckig halten sich die Gerüchte, führende Sozialdemokraten planten einen „Befreiungsschlag“ noch vor der Bundestagswahl. Neue Nahrung bekamen diese Spekulationen, die auch aus Clements Staatskanzlei lanciert werden, durch ein erst in dieser Woche bekannt gewordenes 90-minütiges Geheimtreffen Clements mit Möllemann am vergangenen Donnerstag auf dem Köln-Bonner Flughafen. Zwei Tage vor dem grünen Landesparteirat zum Metrorapid soll Clement die Bedingungen für einen Wechsel sondiert haben.

In SPD-Kreisen wird allerdings bezweifelt, dass er tatsächlich ernsthafte Wechselabsichten hegt. Denn auch Clement weiß: Lässt er die Koalition in Düsseldorf platzen, bräuchte Rot-Grün sich im September in Berlin gar nicht mehr zur Wahl stellen. Die Spekulationen seien nur Drohgebärden, um den ungeliebten und bisweilen sperrigen Koalitionspartner gefügig zu machen, heißt es aus SPD-Kreisen. Dabei ginge es nicht nur um die Durchsetzung des Metrorapids, sondern auch und besonders um die bevorstehenden Haushaltsberatungen. 1,4 Milliarden Euro muss Landesfinanzminister Peer Steinbrück einsparen.

Nicht unmaßgeblich sollen dabei die Etats der beiden grünen Ressorts von Sport- und Kulturminister Michael Vesper und Umweltministerin Bärbel Höhn geschröpft und von den Grünen im Koalitionsvertrag durchgesetzte Projekte gestrichen werden. In den Verhandlungen sollen die Grünen „gequält werden, bis sie quieken“, frohlocken bereits einige Genossen. Die Grünen reagieren noch gelassen. „Entscheidend ist, wer am Ende quiekt“, so Fraktionsvizechef Reiner Priggen.

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