: Einige Steueroasen trocknen aus
Auf einer schwarzen Liste stehen die Steuerparadiese, die sich den Regeln der Organisation für Ökonomische Zusammenarbeit (OECD) widersetzen: unter anderem Liechtenstein. Dreizehn Territorien haben inzwischen Minimalgesetze eingeführt
aus Hamburg HERMANNUS PFEIFFER
Mehr als 20 Länder werden auf einer schwarzen Liste stehen, die demnächst von der OECD veröffentlicht wird. Ihnen wirft die Organisation, in der die großen westlichen Wirtschaftsnationen zusammengeschlossen sind, vor, Schlupflöcher für Steuerflüchtlinge zu bieten. Unter den angeprangerten Steueroasen finden sich so prominente Namen wie Liechtenstein und Monaco.
Steuerflucht und ihre böse Schwester, die Geldwäsche, gehören zum Alltag von Privatanlegern und Unternehmen in aller Welt. Die Vereinten Nationen (UNO) taxieren das kriminelle Bruttosozialprodukt weltweit auf 500 Milliarden Dollar per annum, was der legalen Wirtschaftsleistung von Belgien, Griechenland und Norwegen zusammen entspricht. Diese schwarzen Milliarden werden gewonnen aus Raub, Betrug und Drogenhandel, Sexsklaverei und illegalem Waffenhandel, Umweltdelikten und Korruption. Dazu kommt eine unbekannte Milliardensumme aus illegaler Schwarzarbeit und gewöhnlicher Steuerhinterziehung auf Basis mehr oder weniger legaler Geschäfte. Seit drei Jahrzehnten nunversucht ein Steuerausschuss der OECD sich an mehr Steuergerechtigkeit. Ging es früher vor allem um die Vermeidung von Doppelbesteuerung zwischen zwei Ländern, rückte durch die wachsende Internationalisierung der Wirtschaft das Thema Steueroasen ins Zentrum des Interesses. Die Oasen locken kriminelle und steuerflüchtige Gelder sowohl durch anonyme Konten als auch durch billige Steuersätze an.
1998 publizierte die OECD erstmals Kriterien für eine unschädliche Steuerpraxis, zwei Jahre später folgte eine erste schwarze Liste, auf der 35 Steueroasen genannt wurden. Die Kriterien: kein effektiver Informationsaustausch mit den OECD-Staaten und mangelnde Transparenz gegenüber dem Ausland. In den Regierungen vieler Industriestaaten hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass solche „Steuerpraktiken wettbewerbsschädlich“ seien, so ein OECD-Sprecher. Geradezu undiplomatisch direkt droht der Ausschussvorsitzende Gabriel Makhlouf unwilligen Staaten. Der Pariser Steuerausschuss habe sich in den letzten sechs Monaten darauf konzentriert, den nicht kooperativen Hoheitsgebieten „zu helfen, ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, was der Prozess der Zusammenarbeit für sie bedeutet“. Die Diskussionen seien mit nahezu allen Staaten abgeschlossen, und man wisse nun, was die Stunde geschlagen habe.
Am vergangenen Donnerstag lief ein Ultimatum der OECD an die bisherigen Steueroasen ab, sich zu Transparenz und Informationsaustausch zu verpflichten. Bereits im Vorfeld hatten sich elf Territorien kooperationsbereit gezeigt, darunter so populäre wie die Cayman Islands oder europäische wie Zypern und San Marino. Auch die Niederländische Antillen zeigten sich interessiert am Kompromiss. Kurz vor Torschluss unterschrieben noch die Regierungen der regenreichen britischen Kanalinseln Guernsey und Jersey und des sonnigen Barbados die OECD-Bedingungen. Vorsitzender Makhlouf: „Wir sind mit der engen Zusammenarbeit sehr zufrieden.“
Wer das Ultimatum verstreichen ließ, kommt nun auf die zweite schwarze Liste. „Dies wird eine Weile dauern“, sagt ein OECD-Sprecher, „wahrscheinlich bis April.“ Nach jetzigem Kenntnisstand werden 22 Staaten auf die Liste stehen, darunter Liechtenstein, Monaco und die US-amerikanischen Virgin Islands. Das Ziel der OECD ist es unter anderem, deren Image zu schädigen. Die USA haben bislang abgeblockt, da sie die Steueroasen als Kapitalsammelstellen nutzen, um ihr chronisch defizitäre Leistungsbilanz mit den schwarzen Dollarmilliarden auszugleichen.
Ohnehin wird auch die neue schwarze Liste bemerkenswerte Lücken aufweisen. Denn die beiden wichtigsten Problemländer werden wegen ihrer internationalen Reputation nicht an den Pranger gestellt: die Schweiz und Luxemburg. Auch Großbritannien wäscht seine Hände in Unschuld: Noch fünf britische Kleinkolonien stehen auf der schwarzen Liste.
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