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Aids-Medizin als Politikum

Im Streit um die richtige Aids-Politik zieht Südafrikas ANC-Regierung jetzt vor Gericht

JOHANNESBURG taz ■ Die Aids-Debatte in Südafrika droht immer mehr zum Politikum zu werden. Die Regierung hat gestern vor dem obersten Gericht in Pretoria um die Erlaubnis gebeten, gegen ein bereits gesprochenes Urteil vor dem Verfassungsgericht zu klagen. Im Dezember war die Regierung nach einer Klage der Aids-Aktivistenorganisation Treatment Action Campaign (TAC) vom Gericht in Pretoria verpflichtet worden, das Medikament Nevirapin landesweit in Kliniken und Hospitäler an HIV-infizierte Schwangere zu verabreichen und bis März dieses Jahres einen nationalen Behandlungsplan zu verabschieden. Doch die Regierung will zunächst Klärung, ob ein Gericht mit einem derartigen Urteil politische Entscheidungen erzwingen kann und besteht auf dem Prinzip der Gewaltenteilung. Die Entscheidung steht noch aus.

Die Aids-Aktivisten forderten in einer Anhörung vor dem selben Richter, das im Dezember gesprochene Urteil nicht länger aufzuschieben. „Wir wollen, dass die Regierung das Medikament bereits verteilt, auch wenn im Gericht noch über ihre Klage entschieden werden muss“, sagte TAC-Sprecher Pholokgolo Ramathola. „In der Zwischenzeit können Leben gerettet werden.“

Mbhazima Shilowa, Premierminister der Provinz Gauteng in Johannesburg, hatte kürzlich angekündigt, in allen Krankenhäusern der Provinz soll Nevirapin bis zum März nächsten Jahres verabreicht werden. Damit weicht nach den Provinzen KwaZulu-Natal und Western Cape die erste ANC-regierte Provinz von der Regierungspolitik ab.

KwaZulu-Natals Premierminister Lionel Mtshali von der Inkatha Freedom Party (IFP) erhielt am Freitag grünes Licht vom obersten Gericht, die TAC-Gruppe in ihrer Forderung nach sofortiger Behandlung mit Nevirapin zu unterstützen und vor Gericht auszusagen. Auch dagegen legte die Regierung Berufung ein. KwaZulu-Natal ist am härtesten von der Aidsepidemie betroffen.

MARTINA SCHWIKOWSKI

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