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Lizenz zum Töten

■ Gezielter Todesschuss: Senat plant Verschärfung der Polizeigesetze

„Wir dürfen die Hemmschwellen, ein Menschenleben auszulöschen, nicht leichtfertig herabsetzen“, warnt der innenpolitische Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion, Manfred Mahr. Genau das aber plant zurzeit die Hamburger Innenbehörde. In einer Novelle des „Sicherheits- und Ordnungsgesetzes“ (SOG) soll der so genannte „finale Rettungsschuss“, die gezielte Tötung von Straftätern, die das Leben anderer bedrohen, ausdrücklich erlaubt werden. Um „mehr Rechtssicherheit“ zu haben, sollen Polizeibeamte zukünftig die Lizenz zum Töten erhalten.

Zwar gehört der „finale Rettungsschuss“ etwa bei Geiselnahmen längst zur polizeilichen Praxis, doch die Todesschützen müssen sich nach getaner Arbeit regelmäßig vor Gericht für ihr Tun verantworten. War die Rettung einer von dem Getöteten bedrohten Person nur durch einen gezielten Schuss sicher möglich, ist das Verfahren reine Formsache. Um der Polizei aber mehr „Handlungsspielräume“ zu verleihen, will Innensenator Schill den Todesschuss gesetzlich absegnen, den Beamten damit eine Anklage ersparen. Noch in diesem Frühjahr soll die Gesetzesänderung über die Bühne gehen.

Für SPD und GAL aber besteht kein Handlungsbedarf. Der SPD-Innenexperte Michael Neumann hält die bestehenden Regelungen für „ausreichend“, und auch Mahr betont: „Wir sind damit ganz gut gefahren.“

Darüber hinaus kündigte Innensenator Schill an, mit der SOG-Novelle auch „verdachtsunabhängige Personenkontrollen“ zu erlauben. Dagegen hat allerdings selbst FDP-Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen bereits Widerstand angekündigt: „Unbescholtene Bürger dürfen nicht angehalten werden, bloß weil der Polizei gerade danach ist“, positioniert er sich einmal als Liberaler: „Das wird es mit uns nicht geben.“ Auch Manfred Mahr hält die Kontrollen für einen „Exzess der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung, bei der einer polizeilichen Willkür Tür und Tor geöffnet würden“. Mahr betont: „Jeder Bürger ist dann ein potenziell Verdächtiger“. Marco Carini

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