: Schwund auf dem Studienmarkt
■ Elitär einerseits, schmal an Grundlagen andererseits. Im Bezahl-Studiengang Kulturmanagment hat jeder Zweite aufgesteckt – jetzt bessert die Hochschule nach
Der Schriftzug könnte glatt von Mozart sein. Genialisch schwungvoll und vorgeblich mit Feder geschrieben ziert das Logo „mkm“ die Werbebroschüre und das Briefpapier für den Weiterbildungsstudiengang Musik- und Kultur-mangament an der Hochschule Bremen. So hochkulturell die Anmutung des Schriftzugs ist, so elitär geht es in der Broschüre weiter. Es brauche, schreibt der geistige Vater des Studiengangs, Joshard Daus „einen neuen kulturinfizierten, organisierenden Menschen“. Voraussetzung dafür: „Dass eine junge Elite, die selbst der Kultur nahe steht und auch Kultur erlebt hat, lernt, wie man diese organisiert und vermarktet.“
Genau das wollten auch die vier StudentInnen, die sich heute im juristischen Streit mit der Uni befinden und ihre Semestergebühren nach einem für sie enttäuschenden ersten Studienabschnitt nicht weiter bezahlen möchten. Auch der Preis ist nämlich nicht von Pappe:1.700 Euro kostet das Studium pro Semester, für die vorgesehenen vier Semester also 7.250 Euro. „Diese Bezahlung würde allein durch eine absolut überzeugende Leistung gerechtfertigt, die leider nicht erbracht wird“, schreiben die vier StudentInnen – immerhin die Hälfte ihres Jahrgangs – die im Oktober letzten Jahres ihre fristlose Kündigung eingereicht haben.
Bernd Sennewald, der freimütig sagt, er sei auf die vielversprechenden Inserate in der F.A.Z. „eben reingefallen“, spricht heute von „hobbymäßigen Seiteneinbli-cken“, die das Studium ihm gewährt habe. „Im EDV-Kurs haben die den Leuten noch die Enter-Taste gezeigt.“ Und das obwohl PC-Kenntnisse für die Zulassung eigentlich erforderlich gewesen wären.
Auch die Hoffnung auf „Vitamin B“, auf Beziehungen, die den Einstieg ins Kulturleben ermöglichen, hat sich für die vier zerschlagen. Als „Markenzeichen“ setzt der Aufbau-Studiengang auf die Image-Wirkung einer „Gruppe von hochrangigen Persönlichkeiten“, so die Broschüre. Neben Klaus Pierwoß vom Goethe-Theater und Ilona Schmiel von der Glocke sind auswärtige Hochkultur-Größen am Start: Mitarbeiter vom Leipziger Gewandhaus, von der Berliner Staatsoper, vom Münchner Konzerthaus Gasteig – nicht zuletzt der Studiengangsschöpfer und Leiter der europäischen Chorakademie Joshard Daus. Aber, so beschweren sich die Aussteiger, die hochkarätigen Fachleute „reisen in der Regel für einige Stunden an, erzählen über die Geschichte ihres Hauses und reisen wieder ab“.
Nachdem die Hochschule sich lange geweigert hat, auf die Argumente der StudentInnen inhaltlich einzugehen, ist nun, vor Beginn des dritten Studienjahrgangs, Bewegung in die Sache gekommen. Ronald Mönch, noch Rektor an der Hochschule, hat die wissenschaftliche Leitung des Studienganges übernommen und Joshard Daus damit mindestens teilweise abgelöst. „Wir haben die Praktiker-Anteile ein bisschen zurückgenommen“, erklärt Mönch, „dafür sind andere Themen wie Öffentlichkeitsarbeit und Rechnungswesen in transparente Blöcke mit einer festen, verantwortlichen Leitung“ zusammengeführt worden. Auch das klingt wie die Antwort auf einen der studentischen Vorwürfe: In ihrem Kündigungsschreiben sprachen sie von einer „unstrukturierten Aneinanderreihung fast beliebiger Themen.“ Über die studiengangsinterne Diskussion, die die vier Abtrünnigen ausgelöst haben, ist Mönch daher „gar nicht unglücklich“. Auch wenn die Teilnehmer des ersten Jahrgangs vollauf zufrieden waren mit dem Angebot, so haben die anderen „doch die eine oder andere Schwäche aufgedeckt“. Und obwohl der Streit um ausstehende Studiengebühren juris-tisch nicht geklärt ist, sagt Mönch, dass die Hochschule auf's Prozessieren auf jeden Fall verzichten werde. Für die StudentInnen, die davon bislang nichts wussten, sicher eine frohe Botschaft. Und noch eine Neuigkeit gibt es. Aus der Weiterbildung soll ein Master-Studiengang werden – der international anerkannte Abschluss wird demnächst bei der hannoverschen Zentralen Evaluationsagentur beantragt. Denn die Konkurrenz schläft nicht. Auch der Studiengang an der Hamburger Musikhochschule beantragt die Master-Würde. Anders als bei der Bremer Variante kann man dort schon jetzt ein Diplom als Abschluss erwerben.
Der Studiengang Musik- und Kulturmanagement ist einer von zwei Bezahl-Studiengängen der Hochschule. Der andere ist im Fachbereich Wirtschaft. Die Studiengebühren werden dort allerdings oft von den Arbeitgebern finanziert, die ihren Mitarbeitern die Weiterbildung ermöglichen. Rektor Mönch, auch Mitglied der Hochschulrektorenkonferenz des Bundes, gilt im Hinblick auf Gebühren als unerschrocken. „Wir können solche Studiengänge aus unserem Etat einfach nicht bezahlen“, sagt er. Und: „Wir bieten ein faires Preis-Leistungsverhältnis.“ Sein Sprecher Ulrich Berlin formuliert es nüchtern: „Wenn der Markt das hergibt, warum sollte man dann nicht Geld verdienen. Unsere Ausstattung als Hochschule ist mit 21 bis 23 Millionen Euro jährlich nicht besonders gut.“ Die Frage, welche Auswahl durch so hohe Studiengebühern für Berufsfelder wie das Kulturmanagment getroffen wird, beschäftigt die Hochschule da wenig. Der Hamburger Studiengang ist dagegen umsonst, und soll es auch bleiben. Elke Heyduck
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