: Pracht der Fotos, Pracht der Häuser
Ikonen des modernen Wohnens: Die von Peter Goessel herausgegebene Dokumentation „Case Study Houses“
Das Buch ist ein Prachtwerk, ein Coffee-Table-Book, für das gerade mal eine Festtafel ausreicht, um es darauf aufzuschlagen: Denn das dreisprachig, auf Englisch, Französisch und Deutsch gedruckte Buch ist von enormem Format und Gewicht. Teuer und aufwändig produziert, glänzt es mit sorgfältig reproduzierten, wunderschönen Fotografien, die meisten aufgenommen von Julius Shulman. Man kennt die Bilder teilweise schon oder glaubt sie zu kennen, schließlich haben sie als Ikonen modernen Wohnens Geschichte gemacht – so wie das „Case Study House“-Programm, das von John Entenza, Redakteur bei Arts & Architecture nach dem Zweiten Weltkrieg initiiert wurde.
Die Pracht der von Peter Goessel herausgegebenen Dokumentation, die Pracht der Fotografien und endlich auch die Pracht der abgebildeten Häuser zeigen, dass das auf Los Angeles konzentrierte experimentelle Musterhausprogramm aus den Jahren 1945 bis 1966 letztlich sein Ziel verfehlt hat. Denn eigentlich ging es darum, kostengünstige Wohnhäuser für die moderne Kleinfamilie mit zwei Kindern zu entwerfen, und zwar in konsequenter Umsetzung einer zeitgemäßen industriellen Bauweise mit vorgefertigten Modulen und standardisierten Bauteilen aus Materialien wie Stahl und Glas.
Blättert man durch den Band, in dem Elizabeth Smith chronologisch jeden Entwurf in Skizzen und – soweit realisiert – Fotos vorstellt, dann erkennt man bald, dass das Programm vor allem wohlhabende Bauherren anzog, gebildete, an Kunst und Architektur interessierte Leute.
Ebenso reizte das Programm die bekanntesten Architekten der Zeit wie Richard Neutra, Eero Saarinen, Charles und Ray Eames oder Pierre Koenig. Dessen Case Study House # 22, das er 1960 für Buck und Carlotta Stahl realisierte, wurde das wohl meistpublizierte Haus des Wohnexperiments. Noch immer wirkt der Blick aus dem großen Eckfenster über das nächtliche Los Angeles – der Bungalow steht auf einem Felsvorsprung in den Hollywood Hills – einfach atemberaubend; der Blick, wie ihn Julius Shulman für Arts & Architecture einfing. Der radikalste Entwurf freilich stammt von Charles und Ray Eames für ihr eigenes Case Study House # 8, das in einem Canyon in Pacific Palisades unter dunklen Eukalyptusbäumen gelegen ist. Sie reduzierten das Programm auf zwei einfache Container: einen fürs Wohnen, den anderen für den Atelierbetrieb.
BRIGITTE WERNEBURG
Elizabeth Smith, „Case Study Houses“. Herausgegeben von Peter Goessel, Taschen Verlag, Köln 2002, 440 S., 150 €
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen