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Überraschung, jetzt gibt’s Sex

Immer mehr Jugendliche sind nicht auf das erste Mal vorbereitet. „Pille danach“ auch wegen Pannen im Bett sehr gefragt. Soziologe: Vor allem Jungs brauchen Nachhilfe

BERLIN taz ■ Unerwartet viele Mädchen greifen laut einer neuen Sexstudie zur „Pille danach“. Grund dafür könnte sein, dass Jugendliche häufig vom ersten Mal „überrascht“ werden.

2.500 Jungen und Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren wurden für die Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) befragt. 15 Prozent der Jungen und zwölf Prozent der Mädchen gaben an, beim ersten Sex nicht verhütet zu haben. Die Begründung: „Es kam zu spontan.“ Und das vor allem bei den Jungen – rund jeder Dritte wird „von der Entwicklung des Geschehens völlig überrascht“, sagte BZgA-Direktorin Elisabeth Pott.

Dass immerhin acht Prozent der Mädchen schon einmal die „Pille danach“ genommen haben, hatten die Forscher nicht erwartet. Sie führen das auch auf „Pannen im Bett“ zurück. Die Pille muss innerhalb von 48 Stunden nach ungeschütztem Verkehr geschluckt werden.

Die Zahl der Jugendlichen, die schon mit 15 den ersten Sex erleben, ist gestiegen: auf 25 Prozent bei den Mädchen und 18 Prozent bei den Jungen. 1980 lag die Zahl noch bei neun bzw. vier Prozent.

Als beunruhigend wertete Pott, dass Jugendliche die Aids-Gefahr „nicht mehr so hoch einschätzen“. Hier gebe es wieder mehr „Wissenslücken“.

Der Studie zufolge sind die Jugendlichen insgesamt aber weit besser über ihre Sexualität aufgeklärt als noch in den 80er-Jahren. Nicht Zeitschriften, sondern Schule und Elternhaus spielen dabei die größte Rolle. Die Eltern konzentrieren sich jetzt auch mehr auf ihre Söhne. Zwei Drittel der Jungs werden von den Eltern in Sachen Sex beraten, 1980 war es nicht mal die Hälfte. Dass die Jungen jetzt qualitativ besser über Sex Bescheid wissen, will der Soziologe Rainer Neutzling aber nicht aus den Zahlen schließen. „Jungs wissen oft mehr über den Eisprung der Freundin Bescheid als über die Lebensdauer des Samens. Denn das ist mehr mit Lust verbunden, und darüber redet es sich schwerer“, so der Soziologe und Autor mehrer Aufklärungsbücher.

Mit den Jungen müsse man auch viel mehr über den Umgang mit Kondomen reden, sagt Neutzling. „Das ist gar nicht so einfach. Weil sie so jung Sex haben, ist manchmal der Penis noch nicht ausgewachsen und das Kondom zu groß. Und es gibt das Problem, wie man mit Erektionsschwächen beim Überziehen des Gummis reagiert“, so Neutzling. Damit würden Jungs oft allein gelassen. NICOLE JANZ

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