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Stahlhart gegen den Rest der Welt

US-Präsident Bush verhängt Schutzzölle auf Stahlimporte und bringt damit nicht nur die Europäische Union gegen sich auf. Er will die US-Wirtschaft schützen. Die Beschränkungen nutzen aber nur den Stahlkochern. Stahlverarbeiter befürchten Probleme

aus Washington MICHAEL STRECK

Im Wahlkampf 2000 hatte sich US-Präsident George W. Bush als entschiedener Vertreter des Freihandels präsentiert. Nun wandelt er sich zum Protektionisten. Zum Schutz der US-Stahlbranche hat Bush am Dienstag Importzölle von bis zu 30 Prozent für Stahlerzeugnisse verhängt – ein Handelsstreit mit dem Rest der Welt ist absehbar.

Die Importabgaben werden je nach Erzeugnis von 8 bis 30 Prozent reichen und vom 20. März an für drei Jahre wirksam sein. „Das wird den Stahlarbeitern und den von der Stahlindustrie abhängigen Kommunen helfen, ohne unserer Wirtschaft zu schaden“, begründete Bush.

Betroffen sind unter anderem Einfuhren aus Europa, Brasilien, Südkorea, Russland, China und Australien. Stahllieferungen aus Kanada und Mexiko sind wegen der Partnerschaft im Nordamerikanischen Freihandelsabkommen davon ausgenommen.

Die EU kündigte unmittelbar Beschwerde bei der Welthandelsorganisation an. EU-Handelskommissar Pascal Lamy erklärte: „Die Entscheidung der USA ist ein schwerer Rückschlag für das Welthandelssystem.“ Die EU werde Maßnahmen zum Schutz des eigenen Marktes ergreifen. Lamy befürchtete, der Schritt der USA könnte das Ende aller Hoffnungen auf eine internationale Lösung von Überkapazitätsproblemen in der Weltstahlindustrie bedeuten.

Gegen die von der mächtigen US-Stahllobby geforderten Schutzzölle laufen Stahlunternehmen und Staaten weltweit seit Monaten Sturm. Auch der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte noch im März persönlich zur Feder gegriffen und versucht, Bush von Importzöllen abzubringen.

Nach dem US-Handelsgesetz können Branchenverbände Einfuhrbeschränkungen für Importe erwirken, wenn sie nachweisen, dass diese die Existenz heimischer Unternehmen gefährden. Die Stahlindustrie macht die Importe für die rund 30 Pleiten der vergangenen fünf Jahre verantwortlich, obwohl die Einfuhren kontinuierlich zurückgegangen sind und 2001 bereits um 20,6 Prozent niedriger waren als im Vorjahr. Viele Probleme sind denn auch eher hausgemacht: Die Branche leidet unter Überkapazitäten, Missmanagement und veralteten Anlagen.

Die Gewerkschaft der US-Stahlarbeiter applaudierte dem Präsident erwartungsgemäß. Tausende Arbeiter aus dem ganzen Land hatten tagelang vor dem Weißen Haus demonstriert. Dagegen hält die stahlverarbeitende Industrie Bushs Entscheidung für einen Fehler. Sie fürchtet, dass die Preise an die Verbraucher weitergereicht werden. Das Institute of International Economics in Washington hat berechnet, dass die Zollsteigerung die Verbraucher bis zu 8 Milliarden US-Dollar kosten wird.

Kritiker führen zudem ins Feld, dass es keinen Sinn mache, die Einfuhren zu verteuern, da die US-Stahlindustrie beispielsweise den Bedarf an hochwertigem Stahl für die Autoindustrie gar nicht decken kann. Schutzzölle würden so bei den Stahlkochern vielleicht Arbeitsplätze sichern, könnten aber bei den auf Stahl angewiesenen Branchen zum Gegenteil führen. In der Stahl produzierenden Industrie arbeiteten weniger als 200.000 Menschen, in den Stahl verbrauchenden Industrien mehr als zwölf Millionen.

Bush hatte bei seiner Entscheidung wohl vor allem den Urnengang im Herbst im Blick. Die Bundesstaaten Pennsylvania, West Virginia und Ohio, wo sich bedeutende Stahlstandorte befinden, sind bei der Wahl zum Kongress noch Wackelkandidaten. Indem Bush den Interessenvertreter der Stahlindustrie spielt, hofft er auf mehr Stimmen von Arbeiterfamilien. Zugleich riskiert er jedoch sein Image als Freihändler und Steuersenker. Eingefleischte Befürworter des Freihandels wie der „Club für Wachstum“ werfen ihm vor, ökonomisch „unsinnig“ gehandelt zu haben.

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