: Allianz gegen Stahlzölle
EU reicht als Hauptbetroffene Klage bei Welthandelsorganisation gegen Schutzzölle der USA ein. Die wehren sich. WTO-Chef: Verfahren wird Jahre dauern
BERLIN/BRÜSSEL taz/ap/afp ■ Schon am ersten und zweiten Tag nach den US-Strafzöllen auf Stahl kamen geballte Reaktionen aus den betroffenen Ländern. Die Europäische Union hat Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO) gegen die von den USA geplanten Schutzzölle auf Stahlimporte eingelegt, so gestern ein WTO-Sprecher in Genf. China – erst seit kurzem überhaupt Mitglied in der Welthandelsorganisation – kündigte gestern an, es wolle sich einer Beschwerde bei der WTO in Genf gegen das Vorgehen der USA anschließen.
Der designierte neue WTO-Generaldirektor Supachai Panitchpakdi warnte vor einem Handelskrieg und forderte die Konfliktparteien zu einer einvernehmlichen Lösung auf. Es würde Jahre dauern, einen voll entbrannten Streit bei der WTO zu schlichten, sagte Supachai am Rande einer Konferenz über die wirtschaftliche Zukunft Asiens in Kuala Lumpur. Bei einer jahrelangen Auseinandersetzung würde „niemand etwas gewinnen“, auch nicht die US-Stahlindustrie.
Präsident George Bush hatte am Dienstag Schutzzölle bis zu 30 Prozent für Stahlimporte angekündigt. Die Zölle sollen ab dem 20. März zunächst für drei Jahre gelten. Damit sollen die notleidenden inländischen Stahlhersteller geschützt werden. Die US-Hersteller sind nicht so stark durchrationalisiert wie etwa die europäischen Stahllieferanten und leiden auch unter dem hohen Dollarstand.
Hauptbetroffene ist die Europäische Union. Laut der EU-Kommission haben die hiesigen Hersteller 2001 mit knapp 160 Millionen Tonnen etwa ein Fünftel zur Weltproduktion beigetragen. Pro Jahr gehen vier Millionen Tonnen davon in die USA, etwa die Hälfte davon im Wert von 2 bis 2,5 Milliarden Dollar (maximal 2,9 Milliarden Euro) sei von den neuen Zöllen betroffen. Vor allem bei den künftig mit 25 und 30 Prozent besteuerten Sorten hätten EU-Stähle einen Anteil an den US-Inporten von einem Viertel, so die Kommission. Wichtigste Exporteure sind Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und die Beneluxländer.
Der für Unternehmen zuständige finnische EU-Kommissar Erkki Liikanen betonte die Rationalisierungleistungen der EU-Länder: Die Produktionskapazitäten für Stähle seien innerhalb der Union seit 1970 um rund 70 Millionen Tonnen abgebaut worden, die Zahl der Beschäftigten seit 1980 von 700.000 auf 250.000 gesunken. Der Handelsbauftragte der US-Regierung Robert Zoellick warf der EU hingegen vor, sie hätte ihre Stahlindustrie in den vergangenen 50 Jahren mit satten 50 Milliarden Dollar subventioniert. „Wie können sie da von einem fairen Markt sprechen?“, fragte Zoellick.
Die EU erwartet von den USA nun Vorschläge zu Kompensationsmaßnahmen in Höhe der betroffenen Exporte. Außerdem will sie Schutzmaßnahmen einleiten – zusätzliche Zölle oder Importbegrenzungen für US-Güter, aber auch für nun aus anderen Ländern vermehrt in die EU importierte Stähle. Je nachdem, wie die USA auf diese Vorschläge reagieren, erwägt die Kommission dann auch Vergeltungsmaßnahmen wie Strafzölle auf andere US-Produkte. Die Stahlpreise werden wohl fallen, weil künftig weniger nach den USA geliefert werden dürfte. REM
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