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Betriebsräte der sbw protestieren

■ Bremer Versorgungsunternehmen swb unter Druck: Der Gesellschafter Essent will mehr Dividende kassieren, die Belegschaft will nicht für „Managementfehler“ bluten

„Alle reden über die Stadtwerke – jetzt reden wir“, mit diesem kräftigen Spruch meldeten sich gestern die Belegschaftsvertreter der swb (früher Stadtwerke) zu Wort. „Der Konzernbetriebsrat verurteilt aufs Schärfste die Informations- und Einsparungspolitik des Vorstandes“, heißt es. Aus der Zeitung habe die Belegschaft erfahren, dass der „kürzlich einberufene Vorstandsvorsitzende“ der swb-Gruppe, Gerhard Harder, 250 Arbeitsplätze mehr abbauen wolle, als vereinbart sei, um der holländischen Muttergesellschaft Essent die eingeforderte Dividende bezahlen zu können. „Was ist das für eine Unternehmenskultur“, sagt Konzernbetriebsrats-Chef Ulrich Meyer, „das ist keine Umgehensweise.“

Die Ursache der roten Zahlen, die der Spitze der swb Kopfzerbrechen bereiten, lägen in den „Managementfehlern“ der letzten Jahre. Das dürfe „nicht auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen werden“, fordern die Betriebsräte. Stellenabbau gebe es nur nach Verhandlungen mit dem Betriebsrat und mit Sozialplan – eine Verkündigung des Vorstandsvorsitzenden über die Presse „können wir uns nicht gefallen lassen.“

Der Konzernbetriebsrat verweist dabei auf die Zergliederung des Unternehmens. „Riesige Schnitt-stellenprobleme“ gebe es, sagt Meyer, und noch keine klaren Rahmenbedingungen für den Konzern. Harder habe die Probleme des Unternehmens „erkannt“, meint Meyer – er traut dem neuen Vorstandsvorsitzenden zu, die Managementfehler des früheren Vorstandes Gerhard Jochum auszubügeln. Bis heute wisse aber noch niemand genau, wie das gelingen soll.

Beobachter der Branche sehen in der Expansionsstrategie des Harder-Vorgängers Jochum das Problem. Bremerhaven, Soltau, Ritterhude und nicht zuletzt Bielefeld für 900 Millionen Mark – die swb hat rund um Bremen herum Anteile aufgekauft. In Bremen selbst ist die swb bei der Wasserversorgung und der Müllverbrennung eingestiegen. Die swb geriet so unter Druck, dass die Telekommunikations-Tochter NordCom an den Rivalen EWE aus Oldenburg verkauft werden musste. Ein neuer Kraftwerksbau in Bremen, etwa auf dem Gelände der Stahlwerke, wäre erforderlich, heißt es, kann aber mangels Eigenkapitaldecke nicht in Angriff genommen werden. Wenn aber die swb nicht handelt, könnte die EON in Farge allein ein neues Kraftwerk bauen und die swb weiter zum Stromverteiler degradieren.

An der Preisschraube kann der neue Vorstandsvorsitzende Harder, der aus der Baumwoll-Branche kommt und dort Erfahrungen beim Stellenabbau hat, nicht ohne weiteres drehen, um das Schiff swb wieder flott zu bekommen. Bei den Strom-Tarifen müssen erhöhte Preise von Aufsichtsbehörden genehmigt werden, die einen Blick auf die günstigeren Preise im Umland haben. Zudem droht immer die Konkurrenz von Yello und anderen. Im Falle des Gaspreises droht zwar noch keine Konkurrenz, aber das Kartellamt. Die swb hatte einmal ein Verfahren und konnte nur durch eine Preissenkung erwirken, dass die Hüter des Wettbewerbs ihre Aktendeckel wieder schlossen.

Klaus Wolschner

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