: Mir losse d’r Sumpf in Kölle
Aufklärung in Köln: Die CDU will nicht dabei gewesen sein. Der Spender will kein Spender mehr sein. Abgeordnete wollen keine illegalen Quittungen unterzeichnet haben. Nur aufklären, das wollen alle
aus Köln SEBASTIAN SEDLMAYR
Am Wochenende wechselten sich Neuigkeiten und Dementis im Kölner Schmiergeldskandal rasch ab: Ein ehemaliger Angestellter aus der Buchhaltung der Kölner CDU-Kreisgeschäftsstelle will in SPD-Manier Spenden zerkleinert und illegale Quittungen für die Stückelbeträge ausgegeben haben. Das berichtet die Lokalzeitung Kölner Stadt-Anzeiger.
Das Unionsmitglied gab an, Ende August und Anfang September 1999 Bargeld in Höhe von 67.000 Mark in drei Tranchen vom Kölner CDU-Vorsitzenden und NRW-Landtagsabgeordneten Richard Blömer entgegengenommen zu haben. Blömer wies die Anschludigung in dem Blatt zurück und wiederholte seine Aussage von Ende letzter Woche, die Buchungen der CDU seien alle korrekt. Der Informant der Zeitung sei ein Mann, der seinen Aufgaben nicht mehr gewachsen sei.
Weitere Dementis: Der Unternehmer Hellmut Trienekens will nun doch keine Großspende an Beamte oder Amtsträger geleistet haben. Das erklärte sein Anwalt Norbert Gatzweiler. Vergangene Woche hatte der Viersener Müllmulti noch eine Spende aus „versteuertem Privatvermögen“ eingeräumt. Anwalt Gatzweiler dementierte auch einen Bericht des Spiegel, wonach eine Zahlung von 3,6 Millionen Mark an den früheren SPD-Bundespolitiker Karl Wienand von Trienekens stamme. Wienand hat allerdings bestätigt, er sei als Berater für den Müllkonzern tätig gewesen.
Ins Zwielicht gerieten zunächst auch SPD-Bundes- und Landtagsabgeordnete: Klaus Lennartz, Direktkandidat für den Bundestag im Erftkreis, und Stephan Gatter, NRW-Landtagsabgeordneter aus Köln, sollten laut ZDF auf der Liste von Genossen stehen, die illegale Spendenquittungen angenommen haben. Lennartz und Gatter widersprachen energisch. Das ZDF zog die Meldung zurück. Auch die anderen drei rheinischen Bundestagsabgeordneten haben dem SPD-Fraktionschef Peter Struck versichert, keine illegalen Spendenquittungen unterzeichnet zu haben. Bundeskanzler Schröder erklärte am Samstag, der Sumpf sei eine „auf Köln begrenzte Angelegenheit“. Die Verantwortlichen würden „entfernt“.
Von 29 Millionen Mark, die im Zusammenhang mit dem Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage an Schmiergeldern geflossen sein sollen, sind bislang nur 511.000 Mark als Spende an die SPD geortet. Bleiben 28,5 Millionen Mark, deren weitere Verwendung ungeklärt ist.
Seit Beginn der Kölner Spendenaffäre reißen die Spekulationen nicht ab, auch CDU-Leute könnten für ihre Unterstützung beim Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage von der Trienekens AG mit Schmiergeld bedacht worden sein. Kein Wunder: Auf der Gehaltsliste von Trienekens steht zum Beispiel Werner Theisen, CDU-Fraktionschef im Rat der Kölner Vorstadt Pulheim, und das ehemalige Pulheimer Stadtratsmitglied Wolfgang Schänzler, ebenfalls CDU.
Der Generalsekretär der NRW-SPD, Michael Groschek, rät speziell dem Fraktionschef der NRW-CDU, Jürgen Rüttgers, „die Flucht nach vorn“ anzutreten. Die SPD werde jedenfalls „ohne Rückhalt“ ihre eigenen krummen Geschäfte aufdecken und „alle möglicherweise notwendigen personellen Konsequenzen ziehen“, so Groschek. Über Rüttgers Rolle als Pulheimer Abgeordneter im direkten Umfeld von Theisen und Schänzler wird auf den Fluren des Landtages viel spekuliert: „In Pulheim hat wohl nur Jürgen Rüttgers nichts abbekommen“, lästert etwa der Vizechef der grünen Landtagsfraktion Reiner Priggen.
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