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Endgültig überdreht

■ Reaktion auf Handelskammer: FDP gegen Erhöhung der Lehrerarbeitszeit

Um den Haushalt 2003 gibt es offenbar auch Tauziehen innerhalb der CDU/FDP/Schill-Koalition. Gestern hat sich der schulpolitische Sprecher des FDP-Landesvorstands, Claus-Joachim Dickow, deutlich gegen eine Erhöhung der Lehrerarbeitszeit gewandt. Die Freitag von der Handelskammer erhobene Forderung sei ein „Schritt in die falsche Richtung“.

Die Arbeitsbelastung für Hamburgs Lehrer sei „bereits in den letzten Jahren erheblich gesteigert worden“, sagt der Rechtsanwalt Dickow. So habe es neben einer ersten Stundenerhöhung für Gymnasial- und Berufsschullehrer auch eine Streichung der Altersentlas-tung und die Reduzierung von Entlastungsstunden für Schulleitungsmitglieder gegeben. Dickow: „Lehrer arbeiten heute viel länger als der Durchschnitt des öffentlichen Dienstes. Eine echte 38,5 Stunden-Woche ist für diese Berufsgruppe lediglich eine Wunschvorstellung.“

Wie berichtet, hat Hamburgs Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) in einem Routinegespräch zum Haushalt 2003 mit dem Schulsenator Rudolf Lange (FDP) auch eine Vergrößerung der Klassen, eine Absenkung des Lehrereinstiegsgehalts und eine Pflichtstundenerhöhung ins Gespräch gebracht. Allein letzteres könnte 117 Stellen sparen.

Während FDP-Senator Lange gegenüber der NDR-Hamburg Welle betonte, es gäbe „keine Sparvorgabe und die würde ich mir auch verbitten“, hatte die Handelskammer am Freitag mit einer öffentlichen Erklärung unverblümt Druck entfacht: In Zeiten einer „dramatisch knappen Haushaltslage“ sei den Lehrern diese Stundenerhöhung „durchaus zuzumuten“.

Diese Einmischung stößt nun bei dem für Bildung zuständigen kleinsten Koalitionspartner sauer auf. „Wer wie die Handelskammer die Lehrverpflichtung für Pädagogen weiter erhöhen will, überdreht die Belastungsschraube für Lehrer endgültig“, urteilt FDP-Mann Dickow. Pisa habe erheblichen Reformbedarf an deutschen Schulen festgestellt: „Die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte gehört mit Sicherheit nicht dazu.“ Kaija Kutter

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