„Fragen nie beantwortet“

■ Hitzige Debatte in der Bürgerschaft über die Einsetzung des Untersuchungsausschusses zu Bremer Bauprojekten

Mit den Stimmen der Grünen und dank der Stimmenthaltungen der Abgeordneten von SPD und CDU wurde gestern in der Bürgerschaft die Einrichtung eines Untersuchungsauschusses zu den Immobiliengeschäften der Stadt beschlossen. Damit unterstützten die Parteien der großen Koalition das Anliegen der Opposition zwar formal, inhaltlich aber hagelte es Kritik. „Sie haben nicht mehr als ein schlechtes Gefühl“, wetterte SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen, „und damit rechtfertigen Sie die unge-heurlichen Anschuldigungen“.

Wie berichtet wollen die Grünen den Ausschuss zu „Unregelmäßigkeiten bei Bauvorhaben und Immobiliengeschäften zum Schaden Bremens“ einrichten, weil sie den Verdacht hegen, dass Politik und / oder Bauwirtschaft gegen die Korruptionsrichtlinien verstoßen haben und undurchsichtige Verträge abgeschlossen hat. Konkret geht es um das Siemenshochhaus, das Contrescarpen-Grundstück, den Bahnhofsvorplatz, das Polizeihaus und die umgebaute Lettow-Fohrbeck-Kaserne. Böhrnsen echauffierte sich über den „Generalverdacht“, den die Grünen „über Senat, Verwaltung, Politik und Bauwirtschaft“ streuten. „Das ist hilflose Oppositionspolitik und zwar auf die Spitze getrieben“.

„Das Ergebnis hat man am Ende einer Untersuchung, nicht am Anfang“, konterte die Grünen Fraktionschefin Caroline Linnert. „Wer sich mit Korruption auseinandersetzt, der muss allen Verdachtsmomenten nachgehen“, so Linnert, die in diesem Zusammenhang auch auf den Kölner Spendenskandal verwies. Bei den in Rede stehenden Grundstücks- und Immobiliengeschäften sei immer das gleiche Muster vorhanden: „Es wird gar nicht oder nur beschränkt ausgeschrieben, der Gewinner der Ausschreibung erhält Konditionen, von denen vorher nicht die Rede war, und an Grundstücksgeschäfte sind andere Geschäfte gekoppelt wie beim Musical.“ Die Spatzen pfiffen es von den Dächern: „In Bremen macht bei öffentlichen Aufträgen immer nur einer das Rennen“. Und auch wenn gestern in der Bürgerschaft keiner Namen nannte: es geht um die Firmengruppe Zechbau, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt. „Uns geht es aber“, so Linnert „um die politische Verantwortung, auch wenn keine strafrechtlich relevanten Tatbestände erfüllt sind“.

Die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses ist das schärfste Mittel, das dem Parlament zur Verfügung steht, und genau auf diesem Punkt hackten Böhrnsen und dann auch CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff ein. Die Grünen hätten andere Instrumente wie die Fragestunde, die kleinen und großen Anfragen nutzen müssen, um aus „einem unguten Gefühl einen hinreichenden Verdacht oder Gewiss-heit wachsen zu lassen“, so Böhrnsen. „Bei allen bisherigen Ausschüssen gab es am Anfang konkrete Hinweise“, assistierte Jens Eckhoff. Die Grünen kochten, so der schwere Vorwurf von CDU und SPD, ihr eigenes wahlkampfpolitisches Süppchen auf den demokratischen Möglichkeiten des Parlaments. „Sie hoffen einfach, dass irgend etwas hängen bleibt“, mutmaßte Böhrnsen. Und Eckhoff polterte: „Bis jetzt gibt es hier nur einen Fall von Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung, nämlich dass wir ihnen unsre Stimmen zur Verfügung gestellt haben, um das hier formal durchzuziehen“.

Die Grünen ließen sich von den Standpauken nicht beirren. „Die Fragen, die es in dieser Stadt gibt zu den Bauprojekten wurden hier nie wirklich beantwortet. So viel Anerkennung wie für die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss haben wir schon lange nicht mehr für unsre parlamentarische Arbeit bekommen“, so Linnert. Dass sie damit den „Standort schädigten“, wie Eckhoff es ihnen vorwarf, ließ die Grünen ebenfalls kalt: „Sie brauchen bloß ins Umland zu gehen, da zucken die Bauunternehmer nur mit den Schultern: ,Bremen? Da kann man sowieso nichts werden'. Und ist das vielleicht gut für den Standort?“

Ungeachtet des Streits, ob ein Untersuchungsausschuss angemessen ist, sicherten auch die Parteien der großen Koalition ihre konstruktive Mitarbeit im Untersuchungsausschuss zu. Der gestern zum Vorsitzenden des Ausschusses gewählte innenpolitische Sprecher der SPD Hermann Kleen wird nun zur ersten Sitzung einladen. hey