: Die Sozialisten und die Havemanns
Einst vom SED-Staat eingesperrt, will Florian Havemann nun für die PDS in den Bundestag einziehen
Nun ist es zum zweiten Mal geschehen – die PDS greift auf einen Prominenten namens Havemann zurück. Der 50-jährige Künstler Florian Havemann soll über die sächsische Landesliste für die PDS in den Bundestag einziehen, wahrscheinlich als Spitzenkandidat. „Noch bin ich nicht auf der Liste“, sagt Havemann der taz. Aber wenn, dann habe er kein Problem damit, für die PDS zu kandidieren.
Das mutet auf den ersten Blick seltsam an, denn Havemann hat mit der PDS-Vorgängerpartei SED schlechte Erfahrungen gemacht. Als Sechzehnähriger saß der Sohn des DDR-Regimekritikers Robert Havemann wegen „staatsfeindlicher Hetze“ vier Monate lang im Gefängnis. Nach der Haft floh der gelernte Elektriker 1971 nach Westberlin – versteckt in einem Tankwagen. Er studierte Bühnenbild, gründete eine Theatergruppe, malte, schrieb Drehbücher.
Auf den Gegensatz zwischen DDR-Flüchtling und PDS-Kandidat angesprochen, sagt Havemann etwas, was manche schwer nachvollziehen können: „Ich habe mich nie als Opfer des DDR-Systems begriffen, sondern eine Auseinandersetzung geführt.“ Basis für eine Zusammenarbeit mit der PDS sei, dass die SED auch am zivilen Widerstand, der die Wende herbeigeführt habe, beteiligt gewesen sei.
Havemann will sich „der Verantwortung stellen“. So wie 1999, als die Partei ihn bat, als PDS-Kandidat Richter im Verfassungsgericht Brandenburg zu werden. „Ich fühle mich als loyaler Staatsbürger dazu verpflichtet“, hatte er damals begründet. Und das sagt er auch heute noch. „Es ist keine Rechnung mit der PDS offen“, so Havemann. „Ich fühle mich als Linker mit der Partei verbunden.“
Havemann – ein Mann der Gegensätze. Auf der einen Seite der Künstler, der immer wieder mit der Ablehnung seiner Arbeit leben muss, auf der anderen Seite der Intellektuelle, der sich für Politik interessiert und gleichzeitig seine Parteilosigkeit betont. Ein Mann, der polarisiert. Er gilt als hoch motiviert, teilweise kompromisslos, neugierig.
Die PDS in Sachsen freut sich schon auf das Medienecho, das der Name „Havemann“ hervorruft. Seine Kandidatur solle ein „Zeichen setzen“, so Wahlkampfleiter Rico Gebhardt. „Wenn ein Mann mit seiner Vergangenheit kandidiert, dann ist das ein Zeichen der Versöhnung“, meint Gebhardt. An der sächsischen Basis regt sich aber Widerstand. Es gebe einen stärkeren Wunsch nach Lokalpolitikern im Bundestag, so Gebhardt. Der Wahlkampfleiter rechnet dem Berliner eine 50:50-Chance für ein Bundestagsmandat aus. Im Mai entscheiden Sachsens Delegierte über die Landesliste.
Für Havemann war die Zusage an die PDS eine schwierige Entscheidung. Nicht weil es die PDS ist. Sondern weil er seine Arbeit als Verfassungsrichter in Brandenburg aufgeben müsste, wo er ein angesehener Kollege ist. Peter Macke, Präsident des Verfassungsgerichts, würde das sehr bedauern. „Er ist ein ausgewogener, interessierter Mann, der die richtigen Fragen stellt – eine Bereicherung.“
Wenn Havemann tatsächlich Bundestagsabgeordneter wird, dann will er dort, bevor er Politik macht, erst mal eines erreichen: „Den Leuten klar machen, dass sie eigentlich kaum noch Vertreter des Volkes, sondern eine eigene Klasse sind. Das müssen die mal reflektieren“, sagt Havemann. Und polarisiert schon wieder. NICOLE JANZ
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