: „Brotkrümel“ für die Armen
EU und USA legen bei der UNO-Konferenz zur „Finanzierung der Entwicklung“ neue Hilfsprogramme vor. Das UNO-Ziel von zusätzlichen 50 Milliarden Dollar pro Jahr wird weit verfehlt. NGOs fordern Reform von IWF und Weltbank und Marktöffnung
MONTERREY/BERLIN taz/epd/afp ■ Die Länder des Nordens kommen nicht mit leeren Händen, aber viel zu bieten haben sie auch nicht. Die Europäische Union hat beim Gipfel von Barcelona beschlossen, dass bis 2006 jedes Mitgliedsland mindestens 0,33 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) an Entwicklungshilfe zahlen soll. Und US-Präsident Bush will seine Zahlungen in den nächsten drei Jahren um je 5 Milliarden US-Dollar aufstocken. Diese Angebote liegen heute auf dem Tisch, wenn die Vereinten Nationen (UNO) im mexikanischen Monterrey zum ersten Mal eine Weltkonferenz zur „Finanzierung der Entwicklung“ veranstalten.
Während europäische Hilfsorganisationen das Angebot als ersten Schritt zu verstärktem Engagement für den Süden werten, kommt von den Nichtregierungsorgansitationen (NGOs) Kritik. Die Hilfe dürfe sich nicht auf „Brotkrümel“ beschränken, so Alejandro Villamar, einer der Mitorganisatoren des Globalen Forums, des NGO-Treffens in der letzten Woche in Monterrey. Den NGOs ist der Monterrey-Konsens, der die Länder weder zu konkreten Zahlungen noch zu konkreten Terminen verpflichtet, zu schwammig. In ihrer Abschlusserklärung forderten die etwa 1.000 Vertreter aus rund 260 NGOs eine „globale Reform“ der Entwicklungshilfe. Außerdem müssten die Entscheidungen von IWF und Weltbank demokratisiert und die Märkte des Nordens für die Produkte aus Entwicklungsländern weiter geöffnet werden. Die verschuldeten Länder brauchten zudem dringend eine nachhaltige Schuldenerleichterung mit fairen und transparenten Schiedsverfahren.
Das Globale Forum kritisiert vor allem, dass der Monterrey-Konsens so gut wie keine konkreten Verpflichtungen zur weltweiten Armutsbekämpfung enthält. „Der Konsens benennt keine neuen Ideen und Vorschläge, um die internationale Finanzkrise, in der sich viele Länder des Südens befinden, zu lösen“, so Nika Greger, Leiterin des Deutschen Naturschutzringes. Vielmehr schreibe er die neoliberale Politik der letzten Jahre fort, die nicht nur keine Auswege gezeigt, sondern die Situation in vielen Ländern noch verschlechtert habe.
Nach Berechnungen von UNO und Weltbank brauchte es jährlich mindestens zusätzliche 50 Milliarden US-Dollar, um die globale Armut wirkungsvoll zu bekämpfen. Doch auch mit ihren neuen Zusagen sind die Industrieländer immer noch weit von diesem auf dem Millennium Summit 2000 vereinbarten Ziel entfernt. Die anvisierten 0,7 Prozent des BIP für Entwicklungshilfe verfehlt der Norden mit durchschnittlich 0,23 Prozent. Erfüllen die USA ihre Zusage, würde das eine Steigerung der US-Entwicklungshilfe um jährlich rund 15 Prozent bedeuten. Doch die NGOs sind skeptisch: Zum einen sollen die Gelder erst ab 2004 mit einer Laufzeit von nur drei Jahren zur Verfügung stehen. Zum anderen muss der Kongress zustimmen, was als unwahrscheinlich gilt. Die USA wollen zudem anhand eigener Kriterien, etwa der Korruptionsbekämpfung und der Liberalisierung der Wirtschaft, entscheiden, welche Länder Geld bekommen. Das wird von den NGOs heftig kritisiert.
Diskutiert werden sollen in Monterrey auch neue Finanzierungswege für die Entwicklung der armen Staaten. So will die deutsche Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), „ohne Denkverbote“ auch über eine Tobin-Steuer auf spekulative Devisengeschäfte reden. Der Vorschlag, die Benutzung „globaler Gmeinschaftsgüter“ wie der Atmosphäre, der Ozeane oder Wälder, mit „Nutzungsentgelten“ zu belegen, wird allerdings kaum eine Rolle spielen.
TvD, BPO
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