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Die Definitionshoheit über Pop wird in der taz täglich neu verhandelt. Doch Theorie ist eines, das andere ist Praxis. Deshalb präsentiert die taz Tourneen und Konzerte – unter anderem von Lambchop

von ARNO FRANK

Schlaue Definitionen von Pop gibt es ungefähr so viele, wie dieser Text hier Buchstaben hat. Es kommt halt immer darauf an, wen man fragt. Die taz ist da unter allen überregionalen Tageszeitungen keine gute Wahl – sie ist die beste.

Das riecht zwar streng nach Eigenlob, entspringt aber einem strukturellem Nachteil gegenüber dem etablierten Feuilleton: Die taz ist nicht nur Deutschlands jüngste Tageszeitung, auch das Durchschnittsalter ihrer Redakteure rangiert weit unter dem Gruftquotient der Mitbewerber. Alteingesessen ist hier niemand, Pfründen gibt es keine zu verteidigen – und die Definitionshoheit über Pop-Phänomene wird täglich neu verhandelt, nicht von Meinungsmonopolisten stumpf verwaltet. Dafür bürgt schon die Fluktuation, das ständige Kommen und Gehen wacher Autorinnen und Autoren. Was andernorts zu Recht als Manko gilt, ist bei der taz sowohl Chance als auch Pfund, mit dem es sich zu wuchern lohnt.

Die kritische Kennerschaft, mit der man anderswo bürgerlichen Disziplinen wie dem Ballett oder der Oper begegnet, wird hier auf populäre Phänomene angewendet. Mit der praktischen Konsequenz, dass eben nicht bloß der aktuelle Pressetext der Plattenfirma zu Marilyn Manson abgeschrieben, sondern eben diese kalkulierte Wechselwirkung von Provokation und Kommerz beleuchtet wird. Dass Service mindestens ebenso wichtig ist wie die soziologisch-politische Einordnung. Dass es eine inhaltliche Auseinandersetzung etwa mit den Böhsen Onkelz gibt – vor, während und lange nach angestrengten „Rock gegen rechts“-Veranstaltungen. Dass „alte Helden“ wie Neil Young oder Johnny Cash nicht von ebenso „alten Fans“ abgefeiert, sondern von Zeitgenossen auf ihre Relevanz geprüft werden. Dass Neulinge den Platz bekommen, den ihnen ihre Plattenfirmen nicht kaufen können. Dass Eagles, Aerosmith und Supertramp ihr Fett wegkriegen, obwohl sie es sich eben erst haben absaugen lassen. Dass die so genannte Weltmusik ernst genommen und von jeder kolonialen Romantik befreit beurteilt wird.

Welche andere Zeitung hat den buchstäblichen Spielraum, aus gegebenem Anlass alle Überschriften im Blatt den Textzeilen eines John Lennon zu entlehnen? Und welche Zeitung, bitte schön, macht das dann auch? Welche Zeitung widmet der Musikmesse PopKOMM jährlich eine ganze Beilage? Und welche Zeitung versammelt genügend Kompetenz, sich in gleichem Umfang auch der Weltmusik zu widmen – demnächst wieder im Mai?

Bei so viel Affinität zum Pop nimmt es auch nicht weiter Wunder, wenn auch Musiker direkt für die taz schrieben – wie etwa Christiane Rösinger, um nur eine zu nennen. Umgekehrt betreiben manche taz-AutorInnen selbst Labels, legen Platten auf, editieren CDs und sind oft selbst Akteure einer Szene, über die in der taz berichtet wird. Wobei, en passant, inzwischen ein veritables Archiv zum Thema entstanden ist, nachzulesen unter www.taz.de.

Ob HipHop, Electronica, Alternative – je zentrifugaler die Stile und Strömungen auseinander stieben, desto notwendiger werden Diskurse über den „theoretischen Mehrwert“ des Pop. Dass aber Zuhören und Tanzen immer fruchtbarer bleiben werden als die schillerndsten Theorien, das liegt auf der Hand. Deshalb präsentiert die taz an Live-Events, was sie für präsentabel hält.

Was ist nun Pop? „Popmusik, die; -, kMz. (mus.) populäre Schlagermusik mit Rock ’n’ Roll- und Beatmusik-Elementen bsd. für Jugendliche, vgl. Beatmusik“. Sagt das Fremdwörterbuch. Wir suchen weiter.

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