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Burger strauchelt

Knapp am Debakel vorbei: Kandidat für SPD-Untersuchungskommission erhielt Spendenquittung

KÖLN taz ■ Eine der legendärsten Definitionen vom „kölschem Klüngel“ stammt von Norbert Burger: Das sei für ihn nichts anderes als „das Ausräumen von Schwierigkeiten im Vorfeld von Entscheidungen“. Burger galt als einer der letzten integeren Galionsfiguren der guten alten Zeit.

19 Jahre lang amtierte er als Kölner Oberbürgermeister – so lange wie kein anderer im vergangenen Jahrhundert. Als die Landes-SPD begann, ihre Untersuchungskommission zum Kölner Spendenskandal zu besetzen, war der Kölner Ehrenbürger ein Wunschkandidat. Doch der 69-Jährige sagte ab und ersparte seiner Partei ein Debakel: Denn auch Burger taucht in der Aufstellung der 42 Empfänger fingierter Spendenquittungen des ehemaligen Kölner SPD-Schatzmeisters, Manfred Biciste, auf. Die Quittung datiert aus Burgers letztem Amtsjahr 1999.

Es habe ihn „wie ein Schlag“ getroffen, als er von Bicistes Anwalt, Reinhard Birkenstock, darüber informiert wurde, sagte Burger der taz. Er sei sich keiner Schuld bewusst gewesen, die Quittung über 5.000 Mark vom 3. August 1999 sei ihm untergeschoben worden: „Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass die SPD nicht valutierte Spendenquittungen ausstellt, um sie an Genossinnen und Genossen weiterzugeben.“ Von „irgendwelchen kriminellen oder ungesetzlichen Machenschaften habe ich nichts gewusst“, beteuert Burger.

Auf der „Biciste-Liste“ stehen weitere illustre Namen. Verzeichnet sind nach Angaben des Spiegels auch der Bundestagsabgeordnete Konrad Gilges, die Landtagsabgeordneten Marc Jan Eumann und Annelie Kever-Henseler sowie etliche jetzige oder frühere Stadtverordnete. Exparteichef Kurt Uhlenbruch ist wie sein Vorgänger, der frühere Bundestagsabgeordnete Erich Henke, mit von der Partie. Uhlenbruch hat inzwischen zugegeben, zwischen 1994 bis 1999 Quittungen in Höhe von insgesamt 25.000 Mark angenommen zu haben. Er beteuert jedoch wie Burger, nichts davon gewusst zu haben, dass damit die Großspenden von Exfraktionsboss Norbert Rüther verschleiert wurden.

Auch der Kölner Amtsrichter Michael Allmer soll laut Spiegel in dem Biciste-Papier vermerkt sein – mit 24.000 Mark, aufgeteilt in sechs Tranchen. Allmer saß 20 Jahre lang für die SPD im Stadtrat. Er war bis 1999 der Bauexperte der Partei und engagierte sich 1995 besonders bei der Abwehr des Bürgerbegehrens gegen die Kölner Müllverbrennungsanlage. Das NRW-Justizministerium hatte erst in dieser Woche verfügt, Allmer aus der Straf- in die Ziviljustiz zu versetzen. PASCAL BEUCKER

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