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Vereint in kleinpreußischer Treue

Innenminister Schönbohm (CDU) will nicht aus der rot-schwarzen Brandenburger Koalition aussteigen – obwohl sein SPD-Partner Stolpe beim Zuwanderungsvotum den Koalitionsvertrag brach. Stolpe bereit, mit Vertrauensfrage Koalition zu retten

von NICOLE JANZ

Obwohl die SPD den Koalitionsvertrag durch das Votum Brandenburgs beim Zuwanderungsgesetz gebrochen hat, will die CDU das rot-schwarze Regierungsbündnis fortsetzen. Der geprellte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) will offenbar vermeiden, dass es zu einer SPD-PDS-Koalition in Brandenburg kommt.

Stolpe hatte am Freitag im Bundesrat für das Zuwanderungsgesetz gestimmt, obwohl die CDU dagegen war. Laut Koalitionsvertrag hätte sich Brandenburg bei Uneinigkeit enthalten müssen. Und eigentlich hätte Innenminister Schönbohm nach dem Vertragsbruch die Koalition aufkündigen müssen.

Doch Schönbohm ist inkonsequent. Warum sollte er auch das Risiko eingehen, dass die SPD mit der PDS, die schon bereit steht, eine neues Bündnis eingeht? Der ehemalige Berliner Innensenater hatte es geschafft, trotz parteiinterner Streitigkeiten und Hetzkampagnen das Popularitätstief der Brandenburger CDU zu beenden. Kündigte er die Koalition jetzt auf, wäre die Arbeit dahin. Zudem würde die Union im Bundesrat geschwächt. Daher rät auch CDU-Vorsitzende Angela Merkel zu einer Fortsetzung der SPD-CDU-Koalition.

Also zeigt sich Schönbohm nur ein wenig eingeschnappt. Er sehe die Koalition jetzt beschädigt, der Vertrauensbruch könne nicht so schnell geheilt werden, sagte er dem Tagesspiegel. Trotzdem spricht er davon, Ministerpräsident Stolpe und er seien Brandenburg- und Preußenfans und „beide überzeugt, dass wir Brandenburg gemeinsam voranbringen können“.

Damit aber die Inkonsequenz des Fans nicht zu peinlich wird, will er die Bedingungen klären, unter denen die Koalition weiter geführt werden kann. Stolpe müsse im Parlament die Vertrauensfrage stellen, fordert Schönbohm. „In dem Moment, in dem Stolpe eine überzeugende Mehrheit aus den Regierungsparteien bekommt, wäre die Koalitionskrise beendet, und wir können wieder durchstarten“, sagte Schönbohm – und griff damit einen Vorschlag auf, den Stolpe selbst gemacht hatte. Sollte Stolpe das Vertrauen nicht erhalten, so Schönbohm, scheue er sich aber nicht vor Neuwahlen. Zudem dürfe es nicht noch einmal zu einem solchen Vertrauensbruch kommen.

Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) weiß, dass die CDU jetzt Streicheleinheiten nötig hat. Er sprach von einem „Rückschlag für das Land“, falls es zum Bruch der rot-schwarzen Koalition komme. Deswegen solle die Koalition fortgesetzt werden, sagte er dem Deutschlandfunk. Einen Regierungswechsel könne sich das Land nicht leisten, das führe zu Zeitverlusten bei vielen wichtigen Vorhaben. Noch vor Ostern soll der Koalitionsausschuss tagen und die Frage erörtern, ob Stolpe die Vertrauensfrage stellt.

Die Brandenburger PDS freut sich über den Ärger. Sie sieht ihre Chance, sich an der Regierung beteiligen zu können. Spitzenpolitiker der PDS hatten am Freitag nach der Abstimmung eilig erklärt, auch ihre Partei stehe als Koalitionspartner für die SPD in Brandenburg bereit. Wenn es nach Schönbohm ginge, könnten sie da lange stehen.

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