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Bikini-Haus beendet Ferien

Die Abgeordneten müssen nun doch aus dem Urlaub zurück, um auf einer Sondersitzung am Donnerstag einen Grundstücksdeal abzusegnen. Finanzsenator Sarrazin hatte am Freitag zunächst noch Entwarnung gegeben

Der Spitzname des Gebäuderriegels nördlich der Gedächtsniskirche weckt eher Urlaubsträume. Doch die 141 Mitglieder des Abgeordnetenhauses reißt das Bikini-Haus vorübergehend aus jeglicher Ferienstimmung. Weil der millionenschwere Verkauf des Grundstücks in der City-West, offiziell „Zentrum am Zoo“, zu scheitern droht, müssen die Abgeordneten aus den Osterferien zurück und am Gründonnerstag zur Sondersitzung auflaufen.

Die Parlamentarier sollten eigentlich schon vergangenen Donnerstag dem Verkauf des Zoo-Grundstücks zustimmen. Als das Votum jedoch weit nach Mitternacht anstand, war das Parlament nicht mehr beschlussfähig: CDU, FDP und Grüne hatten die Sitzung aus Protest verlassen. Sie monierten zweimalige Auszeiten der Regierungskoalition und den ihrer Ansicht nach zu geringen Verkaufspreis. Stimmt das Parlament aber bis zum 31. März nicht zu, kann der Käufer, die Bayerische Immobilien AG, vom Vertrag zurücktreten.

Für 47 Millionen Euro sollte das Grundstück über den Tisch gehen, 5 Millionen unter dem auf 52 Millionen Euro eingestuften Verkehrswert. Grünen-Finanzexperte Jochen Esser geht hingegen davon aus, dass die Immobilie 83 Millionen wert ist.

Laut Gesetz muss das Parlament entscheiden, wenn der Preis unter dem Verkehrswert liegt. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hatte aber am Freitag Entwarnung für eine Sondersitzung gegeben: Das Grundstück werde zum Verkehrswert veräußert, eine weitere parlamentarische Beratung erübrige sich.

Gestern aber waren schon am Vormittag auf den Fraktionsgängen des Abgeordnetenhauses erregte Diskussionen im Gange. Die Finanzverwaltung hatte ihre Einschätzung vom Freitag revidiert, eine Abstimmung war nun doch wieder notwendig. Es ist die zweite Sondersitzung in zwölf Tagen, denn für den 9. April ist eine außerplanmäßige Sitzung zur Risikoabschirmung für die Bankgesellschaft angesetzt. Sämtliche Kosten für die aus dem Urlaub anreisenden Abgeordneten muss die Landeskasse tragen.

Voraussichtlich werden am Donnerstag mehrere Plätze frei bleiben. Es sei absolut nicht das Bestreben, Mitglieder von der anderen Seite der Welt zurückzuholen, war gestern von der SPD-Fraktion zu hören. Die PDS muss ihren Fraktionschef Harald Wolf aus Mallorca herbeitelefonieren. Ein FDP-Abgeordneter urlaubt in der Türkei, ein Grüner in der Dominikanischen Republik.

STEFAN ALBERTI

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