Das Karussell klemmt

Berlin sucht verzweifelt Nachfolger für die nach Peru geflohenen Betreiber des Spreeparks. Geht die GmbH Konkurs, muss das Land zahlen. Zwar gibt es einen Interessenten. Dessen Gebot soll weit unter dem Verkehrswert des Vergnügsparks liegen

von MARINA MAI

Das Riesenrad im Plänterwald wird wohl vorerst weiter stillstehen. „Wir verhandeln mit einem möglichen Investor, ohne dass es bisher einen Verhandlungsdurchbruch gab“, sagt resigniert die Sprecherin des Berliner Liegenschaftsfonds, Anette Mischler. Wie die taz berichtete, waren die Betreiber des Treptower Vergnügungsparks, Pia und Norbert Witte, im Januar in einer Nacht- und Nebelaktion mit sechs ihrer Karussells nach Peru geflüchtet. In Berlin hinterließen sie Schulden in mehrstelliger Millionenhöhe. Einen Konkurs der Spreepark GmbH will das Land, wie es scheint, um fast jeden Preis verhindern. Käme es zum Insolvenzverfahren, müsste das Land die hohen Kosten übernehmen.

Denn zum einen garantiert die Stadt in dem 1997 geschlossenen Erbbaurechtsvertrag, dass im Falle der Insolvenz die öffentliche Hand die Entschädigungszahlungen an den Vertragspartner übernimmt. Dabei handelt es sich um einen Betrag in mehrstelliger Millionenhöhe. Zum anderen bürgt die öffentliche Hand für die Bankkredite der Spreepark-GmbH mit einer Grundschuld in Höhe von 11,5 Millionen Euro. Die würden im Konkursfalle ebenfalls fällig.

Einzige Lösung: Berlin müsste einen Käufer für das Erbbaurecht finden, der mit den verbleibenden Fahrgeschäften einen Vergnügungspark betreibt und auch bereit ist, die anstehenden Schulden zu übernehmen. Zudem müsste die Spreepark-GmbH als bisheriger Vertragspartner dem neuen Vertrag ebenso zustimmen wie die Gläubigerbanken. Die Geldhäuser sollen sich außerdem, so die Vorstellung der Verwaltung, mit einer Tilgung von nur 20 Prozent ihrer Kredite zufrieden geben.

Bei so vielen harten Nüssen kann das Land kaum noch wählerisch sein. Als einziger Interessent hatte sich bereits im Januar der Stuttgarter Schausteller Rolf Schmidt gemeldet. Schmidt selbst äußert sich zu seinem Angebot in der Presse nicht. Das überlässt der Schwabe dem ehemaligen Spreepark-Geschäftsführer Hans-Ludwig Trümper. Trümper wurde aber nicht nur von Schmidt, sondern auch von den Peru-Flüchtlingen Witte mit allen Verhandlungsvollmachten ausgestattet. Trümper zufolge will Schmidt den Vergnügungspark kaufen und einen Teil der Schulden der Spreepark GmbH übernehmen: eine Million Euro sollen dann sofort in die Kassen den Vergnügungsparks fließen. Für ein paar Eimer Farbe und eine technische Überholung der übrig gebliebenen Fahrgeschäfte. Pferdefuß aber ist, dass der Kaufpreis unter dem auf fünf Millionen Euro geschätzten Verkehrswert des Objektes bleiben soll. Trümper zufolge will Schmidt auf die von der alten Spreepark GmbH immer geforderte Erweiterung des Geländes verzichten. Dafür hätte Wald gerodet werden müssen. Vielmehr soll der Park nach Schmidts Willen „klein aber fein“ sein, wie es kritische Anwohner seit Jahren fordern. Gelingen die Verhandlungen, so Trümper, könnte der Traditionspark pünktlich zum 1. Mai öffnen.

„Wir streben einen Zweistufenplan an“, erklärt hingegen Anette Mischler vom Liegenschaftsfond. „Zuerst wollen wir Herrn Schmidt das Grundstück verpachten und später verkaufen.“ Wegen der schlechten Erfahrungen mit dem windigen Vorgänger Norbert Witte will das Land diesmal die persönlichen und finanziellen Voraussetzungen des neuen Betreibers gründlich prüfen. Dies erklärte zumindest Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) kürzlich vor dem Abgeordnetenhaus.

Noch ist wenig bekannt über den spendablen Stuttgarter Schausteller, der Berlin jetzt so scheinbar generös aus der Patsche helfen will: Er ist 68 Jahre alt, soll einen guten Ruf haben und durch eine Erbschaft vermögend geworden sein. Bleibt die Frage: Warum bürdet sich Schmidt diese Last eines in die Jahre gekommenen Ostberliner Freizeitsymbols eigentlich auf? Warum interessieren er oder seine Erben sich für das marode Anwesen im Plänterwald?

Die grüne Abgeordnete Lisa Paus ist skeptisch. Ein Betreiber- und Finanzierungskonzept soll Schmidt noch nicht vorgelegt haben, weiß sie. „Geht es da wirklich um die weitere Betreibung des Parks oder vielleicht nur um die Verwertung des landschaftsgeschützten Grundstücks im Plänterwald als Bauland? Oder lässt Norbert Witte den Schwaben für sich verhandeln und will dann wiederkommen?“ Merkwürdig, so Paus, sei es schon, dass für Schmidt die selbe Person verhandele wie für Witte. Gegenüber dem Tagesspiegel hatte Witte in Lima erklärt, er kenne Schmidt seit zehn Jahren und würde ihm im Park gerne helfen.

Wichtig für den Liegenschaftsfond sei es, ohne hohe Kosten aus dem Erbbaurechtsvertrag mit der Spreepark GmbH herauskommen, so Anette Mischler. Lisa Paus setzt andere Prioritäten. „Ohne ein Betreiberkonzept hätte das Land Berlin dann zwar ein unangenehmes finanzielles Problem gelöst, aber immer noch keine Zukunft für den Plänterwald.“

Die Grüne könnte sich auch ein paar Fahrgeschäfte und eine Bühne ohne einen geschlossenen Park drum herum vorstellen. Im benachbarten Treptower Park gäbe es dafür genügend Laufkundschaft. „Und die möchten ja nicht immer unbedingt ein Parkticket lösen müssen.“