Rücktritt nach Sexskandal

Der polnische Erzbischof Juliusz Paetz tritt zurück. Ihm wird sexueller Missbrauch von jungen Priestern und Laien vorgeworden. Jetzt sind die Gläubigen erleichtert

WARSCHAU taz ■ Der bislang größte Sexskandal in der katholischen Kirche Polens hat ein vorläufiges Ende gefunden: am Gründonnerstag trat der Erzbischof von Poznan (Posen), Juliusz Paetz, von seinem Amt zurück. Ihm wird sexueller Missbrauch junger Priester und Laien vorgeworfen.

In der Messe, zu der der Erzbischof die über 1.000 Priester seiner Diözese eingeladen hatte, erklärte er zur Begründung, dass er mit seinem Rücktritt Schaden von der Kirche abhalten wolle. Dabei sei er allerdings ein Opfer von Falschinterpretationen seiner „Offenheit zum Dialog und herzlichen Spontaneität“ geworden: „Ich kenne die Propagandisten der breit angelegten Aktion gegen mich“, ließ er die knapp 300 Priester wissen, die seiner Einladung zur Messe gefolgt waren. Da Paetz aber „Einheit und Frieden“ der Posener Kirche am Herzen lägen, habe er dem Heiligen Vater seinen Rücktritt angeboten, den dieser auch angenommen habe. Zum Nachfolger des Posener Erzbischofs ernannte Papst Johannes Paul II. den bisherigen Weihbischof von Gniezno (Gnesen) Stanislaw Gadecki.

„Gott sei Dank“, atmete Zbigniew Nossowski erleichtert auf, als er vom Rücktritt des Erzbischofs erfuhr. Der Chefredakteur der angesehenen katholischen Monatsschrift Wiez (Bund) hatte vor gut einem Monat gemeinsam mit 25 Geistlichen und Laien den Erzbischof aufgefordert, sein Amt ruhen zu lassen, bis die schwerwiegenden Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs geklärt seien.

Hochgekocht war der Skandal vor fünf Wochen, als die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita aufdeckte, dass die „Sünde im Palast des Erzbischofs“ bereits seit gut zwei Jahren sowohl der polnischen Bischofskonferenz als auch dem päpstlichen Nuntius in Polen und dem Vatikan selbst bekannt war. Da die Bitten der Opfer um eine Intervention auf eine Mauer des Schweigens trafen, hatte der Rektor des Posener Priesterseminars dem Erzbischof sogar Hausverbot erteilt. Paetz soll immer wieder unerwartet in den Schlafzimmern der angehenden jungen Priester aufgetaucht sein. Doch da auch diese ungewöhnliche Maßnahme des Hausverbots für einen Erzbischof in einem theologischen Seminar keine Folgen zeitigte, gingen die Geistlichen schließlich an die Öffentlichkeit.

„Der Rücktritt des Posener Erzbischofs Paetz führt sicher zur Gesundung der schwierigen Situation in diesem Erzbistum“, erklärt Adam Schulz, der Sprecher der katholischen Bischofskonferenz. Jaroslaw Gowin, Chefredakteur der liberalen katholischen Zeitschrift Znak, meint allerdings, dass „die Vorwürfe gegen Erzbischof Paetz zu schwerwiegend“ seien, „um ihre Aufklärung mit seinem Rücktritt zu beenden. Die Kirche muss nun beantworten, wie es möglich war, diese Sache so lange zu dulden.“

GABRIELE LESSER