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Entscheidend ist die Drohgebärde

Aktuelle Studie zeigt: Das Verbandsklagerecht ist ein politisch wirksames Mittel beim Naturschutz. Eine Klageflut, wie sie die Wirtschaftslobby befürchtet, erwarten die Experten nicht. Tatsächlich liegt der Anteil der Verbandsklagen im Promillebereich

von NICK REIMER

Fehlt nur noch die Unterschrift des Bundespräsidenten: Nach seinen Osterferien wird Johannes Rau das neue Naturschutzgesetz in Kraft setzen. Bundesweit wird dann das Verbandsklagerecht wirksam, das es bislang nur in 13 Bundesländern gibt. Bis zum Schluss war dieses Recht Streitpunkt in Bundestag und Bundesrat. Allein: Bislang weiß niemand, was dieses Instrument umweltpolitisch bewirkt.

Das Unabhängige Institut für Umweltfragen (UfU) hat jetzt erstmals die Auswirkungen untersucht. Rechtsexperten des Institutes analysieren alle Klagen, die Umweltverbände zwischen 1997 und 1999 nach Paragraph 29 a geführt haben. Mit erstaunlichen Ergebnissen: Einerseits ist im Verwaltungsrecht keine andere Klageform so erfolgreich, andererseits ist das Hauptargument der Gesetzesgegner, die eine Klageflut erwarten, „die den Standort schwächt“, unsinnig.

Die Studie zeigt nämlich, dass dem nicht so ist. „Tatsächlich liegt der Anteil der Verbandsklagen an allen Verwaltungsverfahren allenfalls im Promille-Bereich“, sagt Professor Alexander Schmidt, Rechtswissenschaftler an der Fachhochschule Anhalt und einer der Autoren der Studie, die heute in Berlin vorgestellt wird.

67-mal reichten die Umweltverbände in den drei untersuchten Jahren Klage ein. Fast ein Drittel davon gewannen sie ganz oder zumindest in Teilaspekten. Zum Vergleich: Allein 1998 waren in der Bundesrepublik 31.722 verwaltungsrechtliche Verfahren anhängig, von denen nicht einmal 20 Prozent erfolgreich waren. Baurecht, Versammlungsrecht oder Beamtenrecht bilden die größten Bereiche. Auch Asylverfahren werden vor Verwaltungsgerichten verhandelt. Allerdings klammerten die Autoren der Studie diese aus. Schmidt: „Sie haben so selten Erfolg, dass sie sich nicht als Vergleichsmasse eignen.“ Am erfolgreichsten sind die Umweltverbände, wenn sie gegen Befreiungen vorgehen – sich also mit der Frage beschäftigten, ob ein Grundstück aus einem Schutzgebiet ausgegliedert und bebaut werden darf.

Fast 60 Prozent dieser Klagen gewannen sie. Mit lediglich 12 Klagen im untersuchten Zeitraum ist diese Gruppe allerdings relativ klein. Die meisten Prozesse – fast die Hälfte – strengten die Umweltschützer gegen Planfeststellungsverfahren an. Hier verbuchten sie in jedem vierten Fall einen Erfolg – was noch deutlich über der durchschnittlichen Quote liegt.

„Der große Erfolg zeigt, dass die Verbände sehr verantwortungsvoll von ihrem Klagerecht Gebrauch machen“, urteilt Michael Zschiesche, Koautor und UfU-Geschäftsführer. Schon wegen der knappen finanziellen und personellen Möglichkeiten prüften die Umweltverbände sehr genau, ob überhaupt eine Chance besteht zu gewinnen.

Das neue Bundesnaturschutzgesetz bezeichnet Zschiesche als nicht weit reichend genug: Alle Bundesländer müssen nun Verbandsklagen ermöglichen, und auch beispielsweise Eisenbahnprojekte oder der Ausbau der Bundeswasserstraßen, die planungstechnisch der Bundeshoheit obliegen, werden nun beklagbar. Allerdings, so Zschiesche, habe der ursprüngliche Gesetzentwurf viel weiter gehende Bereiche vorgesehen. So sollten auch Plangenehmigungsverfahren verbandsklagefähig sein. Das sind Planungen, bei denen die Öffentlichkeit überhaupt nicht beteiligt werden – dazu gehören alle Straßenbauprojekte in Ostdeutschland.

Fazit der Studie: Die Verbandsklage ist ein zeitgemäßes Instrument zur Effizienzsteigerung im Naturschutz. „Der Staat ist verwaltungstechnisch gar nicht in der Lage, die Einhaltung der Naturschutzgesetze flächendeckend zu gewährleisten“, so Zschiesche. Durch die Verbandsklage werde dieses Defizit stark vermindert, und das durch ehrenamtliches Engagement, also sehr kostengünstig für den Staat. Der Drohmechanismus ist entscheidend: Allein die Möglichkeit einer Klage sorgt dafür, dass Planer bei ihrer Arbeit Naturschutzbelange stärker berücksichtigen müssen. Zschiesche: „Es ist doch völlig klar: Wenn Umweltverbände Lücken in den Vorarbeiten finden und vor Gericht ziehen, bringt das Zeitverzug und damit wirtschaftlichen Schaden, der vermeidbar ist.“

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