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Lektion des Selbstverständlichen

Frauenprojekte schildern die Auswirkungen der Streichpolitik, aber ohne die Anwesenheit der zuständigen Sozialsenatorin  ■ Von Sandra Wilsdorf

Sozial- und Familiensenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) hätte gestern lernen können, wa-rum ihr Bild der Frau als Mutter und als Karrieregeschöpf maximal ein Ausschnitt der Wirklichkeit ist. Sie hätte erfahren können, dass es in Hamburg Tausende von Frauen mit ganz anderen Sorgen gibt. Doch die Senatorin war gar nicht erst zur Anhörung vor dem Sozialausschuss erschienen, in dem Vertreterinnen davon berichteten, was die von Schnieber-Jastram vorgeschlagenen Kürzungen für Hamburgs Frauenprojekte bedeuten.

Und so hat sie nicht gehört, dass die Vertreterin der Frauenberatungsstelle BIFF Altona erzählte, dass am Vortag gerade zwei von vier Kolleginnen gekündigt worden war, sie hat nicht gehört, dass es künftig weniger Beratung und keine therapeutisch angeleiteten Gruppen mehr für sexuell miss-brauchte Mädchen geben wird. Und sie hat verpasst, dass die Kürzungen bei den Fachberatungsstellen bei sexuellem Missbrauch wohl auch dazu führen werden, dass sich künftig noch weniger Frauen trauen werden, anzuzeigen, was Männer ihnen angetan haben, weil sie dafür noch weniger Unterstützung finden als bisher.

Obwohl es vielfach um ihre persönliche Zukunft und immer um den Inhalt ihrer Arbeit ging, berichteten die professionellen Frauen-Arbeiterinnen ruhig und sachlich über die Auswirkungen des Streichkonzerts. Manche von ihnen wurde beklatscht, beispielsweise die Vertreterin von „autonom leben“, die erklärte, warum behinderte Frauen ganz spezifische Probleme haben und deshalb Beratung zu Sexualität, Familienwunsch und Assistenzabhängigkeit suchten.

Für den Bereich Prostitution und Frauenhandel bedankte sich eine Vertreterin von „amnesty for women“ dafür, dass die Senatorin die zunächst angekündigte Kaputtsparquote von 50 Prozent für dieses Jahr zwar inzwischen wieder zurückgenommen hat, kritisierte aber grundsätzlich „den Paradigmenwechsel des Senats in Richtung antiquiertes Frauenbild und einem an der Realität vorbeigehenden Familienbild von Vater, Mutter und Kind“.

Es war fast beschämend, wie alle diese Frauen antreten mussten, dem neuen Senat eigentliche Selbstverständlichkeiten zu erklären: Beispielsweise, dass interkulturelle Frauen-Begegnungsstätten sein müssen, weil viele Migrantinnen isoliert leben, weder lesen noch schreiben können und hilflos sind, wenn sie Behördenangelegenheiten regeln müssen, weil der Mann sie verlassen hat. Dass Mädchen Aggressionen eher gegen sich selber richten und ihre Drogensucht deshalb nicht so auffällig ist, dass lesbische Mädchen sich mit ihren Fragen nach dem eigenen Anderssein im normalen Jugendzentrum nicht aufgehoben fühlen, und dass der Aufenthalt in einem Frauenhaus sich nicht von vornherein zeitlich begrenzen lässt.

Dass die Anwesenden zu diesen Selbstverständlichkeiten klatschten, gefiel der FDP gar nicht. Das sei in einer Anhörung doch verboten, intervenierten sie bei der Ausschussvorsitzenden und SPD-Abgeordneten Petra Brinkmann. Doch die schlug vor, mal nicht päpstlicher zu sein, als der Papst.

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