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Ein Frauenhaus, das alle Frauen versteht

In Berlin gibt es jetzt ein eigenständiges „interkulturelles Frauenhaus“. Es stellt sicher, was nicht die Regel war: dass frau die gleiche Sprache spricht. Mehr als die Hälfte der Schutzsuchenden in Frauenhäusern stammt aus dem Ausland

BERLIN taz ■ Die Afrikanerin Angele lebt seit mehreren Jahren mit ihren Kindern in Deutschland. Ihr Ehemann hat sie geschlagen und misshandelt. Sie ist vor ihm geflüchtet – in Frauenhäuser. Die meiste Zeit verbrachte sie in den unterschiedlichsten Schutzhäusern für Frauen. Ihr drohte die Abschiebung aus Deutschland, denn nach der Trennung von ihrem Mann besitzt sie keine eigene Aufenthaltsgenehmigung.

Wenn sie weiterhin in Deutschland leben möchte, ist sie auf Unterstützung angewiesen. Weil die meisten deutschen Frauenhäuser aber nicht auf die Probleme von Migrantinnen eingestellt sind, sind Frauen wie Angele in ihrer Notsituation häufig auf sich allein gestellt. Anders soll das in dem gestern neu eröffneten interkulturellen Frauenhaus in Berlin werden. Die Mitarbeiterinnen dort wissen, vor welchen Schwierigkeiten Angele steht und wie man ihr helfen kann.

Die Koordinatorin des Projektes, Louisa Baghramiam, kennt die Probleme dieser Frauen aus eigener Erfahrung: „Meist sprechen sie kein Deutsch, kennen unser System nicht und sind unserer Bürokratie hilflos ausgeliefert.“ Frauen wie Angele sind kein Einzelfall: Über die Häfte aller Frauen und Kinder, die in Berliner Frauenhäusern Zuflucht suchen, haben keinen deutschen Pass. In den meisten Frauenhäusern fühlen sich diese Migrantinnen so hilflos, dass sie manchmal sogar den prügelnden Ehemann ihrer ungewissen Situation im Frauenhaus vorziehen und zurück nach Hause gehen.

Damit Frauen wie Angele auch ohne ihren Mann in Deutschland leben können, setzt das „interkulturelle Frauenhaus“ in Berlin auf ein neues Konzept: Beratungs- und Unterstützungsangebote, die speziell auf die Bedürfnisse misshandelter Migrantinnen abgestimmt sind.

„Ein Problem in Frauenhäusern sind die Verständigungschwierigkeiten“, sagt Mit-Initiatorin Nadja Lehmann. Sie berichtet von einer misshandelten Äthiopierin, der in anderen Berliner Zufluchtseinrichtungen nicht geholfen werden konnte, weil sich die Mitarbeiterinnen mit ihr nicht verständigen konnten. „Für die Migrantinnen aber ist es wichtig, dass man ihnen einen Ort bietet, an dem ihre Sprache gesprochen wird und an dem ihre Probleme ernst genommen werden“, weiß Frauenhausmitarbeiterin Rada Grubic.

Die Mitarbeiterinnen im interkulturellen Frauenhaus sind oft selbst Einwanderer, kommen beipielsweise aus Jugoslawien, der Türkei, Litauen oder dem Iran oder haben schon Erfahrung in der Flüchtlingsarbeit gesammelt: „Ein Mensch ohne Migrationserfahrung kann beispielsweise nur schwer verstehen, wie man vor einer Behörde wie dem Arbeitsamt wirklich Angst haben kann“, sagt Frau Grubic. Damit Angele nach der Trennung nicht abgeschoben wird, ist sie auch auf juristische Beratung angewiesen. Sie muss vor der Ausländerbehörde beweisen, dass sie von ihrem Mann misshandelt wurde. Nur dann wird sie auch ohne Ehemann in Deutschland geduldet. Nadja Lehmann: „In allen deutschen Frauenhäusern gibt es eine kostenlose Rechtsberatung. Bei uns aber müssen nicht nur familienrechtliche Probleme gelöst werden, sondern unsere Anwältinnen müssen sich auch im Ausländerrecht auskennen, sonst haben die Frauen kaum Chancen.“ Diese juristische Beratung bekommen die Migrantinnen im interkulturellen Frauenhaus.

50 Plätze bietet das Projekt, 25 im Frauenhaus und 25 in einem angeschlossenen Wohnprojekt. Finanziert wird es von der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen unter Gregor Gysi (PDS). Erste Erfolge des neuen Konzeptes gibt es schon: Angele hat vor ein paar Wochen ihre Aufenthaltsbefugnis erhalten. ANGELIKA HENSOLT

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