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Nix los an nationaler Würstchenbude

Scharfe Polizeikontrollen verhindern Nazi-Demonstration in Leipzig. Rund zehntausend Gegendemonstranten

LEIPZIG taz ■ Die Kameraden hatten wohl geahnt, dass sie sich am Samstag in Leipzig nicht gleich auf den Weg machen würden. Denn mit Würstchen und Kartoffelsuppe wurden die Teilnehmer der von Neonazi Christian Worch angemeldeten Demonstration über das Warten hinweggetröstet, das sich aus den strengen Polizeikontrollen ergab. Knapp 1.000 Rechtsextreme waren aus dem gesamten Bundesgebiet angereist, um unter dem Motto „Gegen Repression und linke Gewalt – für Demonstrationsfreiheit. Wir sind das Volk“ zum Leipziger Völkerschlachtdenkmal zu marschieren.

Dass ihnen das nicht gelang und die Kundgebung schließlich aufgelöst wurde, lag an den zahlreichen Auflagen, die das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen erlassen hatte. Es hatte unter anderem das Tragen von Springerstiefeln und Bomberjacken sowie den Auftritt bestimmter Bands und Redner untersagt. Von der Polizei genauestens kontrolliert, verzögerte sich der Beginn der Veranstaltung. Auch konnte Worch nicht die vorgeschriebene Zahl von Ordnern stellen – die von ihm benannten Personen waren entweder schon vorbestraft oder verstießen gegen eine der Auflagen.

Aus Protest gegen den geplanten Aufmarsch hatten sich in Leipzig rund 10.000 Menschen vor dem hermetisch abgeriegelten Hauptbahnhof versammelt. Unter dem Motto „Jugend ist bunt“ protestierten Gewerkschaften, Parteien, Kirchen und andere Initiativen gegen Intoleranz und Fremdenfeindichkeit. Zum Auftakt hatten mehr als 1.000 Menschen an einem Friedensgebet in der Nikolaikirche teilgenommen.

Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) war erleichtert über das vorzeitige Ende des Neonazi-Aufmarsches. „Rechte haben keinen Boden in Leipzig“, sagte er. 10.000 Menschen hätten bewiesen, dass sie nicht bereit seien, wegzusehen und zu schweigen. Bei der Abreise im Bahnhof kam es zu kurzen Auseinandersetzungen zwischen Rechten und linken Gegendemonstranten, die die Polizei jedoch schnell beendete. 155 Personen wurden vorübergehend festgenommen. Insgesamt waren 4.000 Polizisten im Einsatz.

Es war der dritte Neonazi-Aufmarsch in Leipzig seit dem Herbst. Die letzten beiden Demonstrationen konnten durch den Protest der Leipziger und die Auflagen der Stadt zwar nicht verhindert, aber weitgehend gestoppt werden. Worch hat deshalb bis zum dritten Oktober fünf weitere Demonstrationen angemeldet. SUSANNE AMANN

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