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Liebeserklärung ans Kino

■ Alain Resnais' „Hiroshima mon amour“ bei „Play It Again“

Was das Kino, ein Film, subjektiv mit einem mache, sollte in Kritiken zu lesen sein, forderte die französische Autorin und Filmerin Marguerite Duras einmal. Damit stand und steht sie freilich konträr zur gängigen Filmkritik. Ein Ich, das sich ganz explizit äußert, findet sich dort selten. Warum das so sein muss, sei einmal dahingestellt. Doch angesichts des diese Woche laufenden Hiroshima mon amour, dessen Drehbuch von Duras stammt, drängt es sich eigentlich geradezu auf, „Ich“ zu sagen: Ich liebe Alain Resnais' Spielfilm aus dem Jahre 1959, weil er so vieles zu machen vermag.

Er macht mich froh und rührt mich. Und er macht mich staunen, wie groß Kino sein kann: künstlerisch-formal, intellektuell und emotional. Und das alles anhand einer eigentlich profanen Geschichte um die Affäre einer Schauspielerin während eines Drehs in Hiroshima. Doch von der Anfangssequenz, die in reiner fotografierter Poesie die umschlungenen Körper zweier Liebender zeigt, über die streng inszenierten Räume, in denen sich die beiden Protagonisten bewegen, bis hin zu den nur scheinbar mit Leben gefüllten Szenen aus dem sozialen Leben der Schauspielerin: Stets unterstützt und illustriert das Kinohandwerk die vielschichtige Geschichte um Liebe und Überleben.

Neben dem Formalen verblüfft Resnais aber besonders mit der weiblichen Hauptperson, einer bis heute vorwärts weisenden Figur. Die von Emmanuelle Riva dargestellte „Sie“ verhält sich bisweilen fast postfeministisch. Traumatisiert vom Patriarchat – als „Deutschenliebchen“ wird sie nach der Befreiung Frankreichs von Nachbarn und Familie misshandelt – und desillusioniert von der Machtlosigkeit der Liebe, weiß sie außer dem kurzen Selbstvergessen Sich-Liebender keinen Ausweg. Vielleicht findet sie sich deswegen in einer Affäre zu einem Mann wieder, dem sie schon während ihrer Treffen eröffnet: „Ich beginne bereits, dich zu vergessen.“

In dieser Aussage, wie überhaupt in den Dialogen, manifestiert sich dann auch die emotionale Stärke des Films. Geschuldet ist dies der Wahrhaftigkeit der Story und des Schauspiels. Die Liebe, auch universell verstanden, wird darin zum einzigen Sinn des Daseins; dass sie gegenüber der vorhandenen Wirklichkeit chancenlos bleibt, verweist zugleich auf unser aller Dilemma. Ja, auch das macht dieser Film mich: nachdenken.

Gerd Bauder

heute + morgen, 17 Uhr, Abaton; Sa, 13. + So, 14.4., 18 Uhr, 3001; Di, 16.4., 17 Uhr + Mi, 17.4., 22.30 Uhr, Zeise

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