: Licht gegen Umwelt-Gifte
■ Bremer Chemiker entwickelte eine Idee gegen TBT-Gift im Wasser
„Ein Erfolgsmodell“, staunt der SPD-Bundestagsabgeordnete Volker Kröning, und da das in seinem Wahlkreis spielt, wollte er es genauer wissen: An der Bremer Uni hat ein Chemiker ein Verfahren entwickelt, wie man TBT aus Wasser „herausholen“ kann. Im Bremer Innovationszentrum sitzt die kleine Firma „Prosys“, die das Patent jetzt der Uni abgekauft hat und daraus ein Geschäft machen will.
„TBT ist ein wirkliches Teufelszeug“, sagt der Chemiker Rolf Gerdes. Der Wesergrund ist unendlich verseucht damit, in den Hafenbecken konzentriert sich das Gift. Die Hafenbehörden wühlen am liebsten das Zeug nicht auf, und wenn doch einmal Schlick ausgebaggert werden muss, dann muss er als Sondermüll behandelt und deponiert werden.
Dass die TBT-haltige Farbe jahrzehntelang als Schiffsanstrich gegen Bewuchs verwendet wurde, hatte schlicht ökonomische Gründe: Wenn ein Schiff wegen der geringeren „Oberflächenrauhigkeit“ des Schiffsrumpfes nur ein Prozent weniger Treibstoff benötigt, spart das große Summen.
Dank der Idee, die Robert Gerdes am „Institut für organische und makromolekulare Chemie“ bei Prof. Wöhrle entwickelt hat, und der Techniken der Ingenieure von Prosys kann wenigstens an einer Stelle inzwischen dem TBT chemisch der Garaus gemacht werden: Im Wasser des Bremerhavener Schwimmdocks steht die Pilot-Anlage. Das Verfahren ist so genial wie denkbar einfach und braucht nur Sonnenenergie. Sichtbares Licht reagiert zusammen mit dem Chlorophyl-ähnlichen Stoff „Phtalocyanin“ (der auch CDs grünlich färbt) in der Art, dass Sauerstoff mit Energie angereichert wird. Dieser energiereiche Sauerstoff wiederum „verbrennt“ alles, was ihm in die Quere kommt – oxidiert in diesem Sinne auch das Tributylzinn (TBT). Ein zwei Meter hoher Plexiglas-„Reaktor“, in dem die grünen Teilchen schwimmen und auf den das Licht strahlt, reicht aus – TBT-haltiges Wasser wird darin „gesäubert“.
Prosys hat sich auf die Technik von Abwasser-Reinigung mittels Photooxidation spezialisiert und sucht Anwendungsfälle, da kam der Chemiker Gerdes mit dem Patent aus einer Doktorarbeit wie gerufen. Bevor er zu der kleinen Firma ging, hatte er sich bei verschiedenen größeren Firmen der Branche einen Korb geholt – die waren zu sehr an eigene Techniken gebunden, um in die neue Idee investieren zu wollen.
Dass der SPD-Abgeordnete auf das komplizierte Thema aufmerksam wurde, hat übrigens auch typisch bremische Gründe: Die Eltern des Chemikers sind Genossen und hatten einmal über die Erfolge ihres Sohnes geplaudert. Solche Kooperationen zwischen Universität und Firmen in Bremen zu fördern, sagt Kröning, ist ein wichtiger Baustein für Bremens Zukunft. Dass das Wasser aus dem Schwimmdock nicht mehr so extrem TBT-verseucht ist wie bisher, ist fast der Nebeneffekt . K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen