: Mit dem Sonnensegel durchs All
Effektiv und billig müssen die Antriebssysteme sein. Jedes Kilogramm an zusätzlicher Last soll vermieden werden
Sonnensegel, treibstofflose Kabel-Lageregelung, Magnetosphären-Plasma-Antrieb – was wie Worthülsen aus einem Science-Fiction-Roman klingt, daran arbeiten Raumfahrtwissenschaftler seit einigen Jahren immer intensiver. Sowohl staatliche als auch kommerzielle Raumfahrt stehen zunehmend unter Druck, effektivere und billigere Antriebssysteme von Startraketen und Raumfahrzeugen zu entwickeln. Denn herkömmliche chemische Antriebssysteme und der für sie notwendige Treibstoff machen immer noch ein Vielfaches der Nutzlast aus, treiben die Transportkosten in die Höhe und verringern die Lebenszeit und Reichweite von Raumfahrzeugen.
Bei Startraketen und Transportern für Raumfahrzeuge wird auf chemischen Antrieb auch in Zukunft kaum verzichtet werden können. Eine technische Lösung, genügend großen, kurzfristigen Schub zur Überwindung der Erdanziehungskraft mit nichtchemischem Antrieb zu erzeugen, ist nicht in Sicht. Vorstellbar sind allenfalls kombinierte Antriebe, wie etwa die anfängliche Beschleunigung eines herkömmlichen Raumtransporters auf einem Magnetschlitten.
Anders bei Raumfahrzeugen, die sich bereits in einem Erdorbit befinden. Da die Gravitation mit zunehmender Entfernung stark abnimmt, genügt ein entsprechend geringerer Impuls, um sie zu überwinden. Für Missionen über große Entfernungen könnten beispielsweise Sonnensegel eingesetzt werden, die vom Sonnenwind, dem Teilchenstrom der Sonne, angetrieben würden. Bei einer Größe von mehreren tausend oder zehntausend Quadratmetern könnte ein solches, aus ultraleichten, speziellen Kohlenstofffasern gefertigtes Segel ein Raumfahrzeug innerhalb einiger Monate auf bis zu 160 Kilometer pro Sekunde beschleunigen. Die US-Raumfahrtagentur Nasa plant für 2010 eine Sonnensegel-Experimentalmission zum äußersten Rand des Sonnensystems.
Auf dem Segelprinzip basiert auch der so genannte Mini-Magnetosphären-Plasma-Antrieb. Dabei wird um ein Raumfahrzeug herum ein mehrere Dutzend Kilometer weites Magnetfeld erzeugt und mit ionisiertem Gas „gefüllt“. Der Sonnenwind treibt diese Magnetblase langsam vor sich her. US-Wissenschaftler, die den Antrieb technisch ausarbeiten, haben kalkuliert, dass der Sonnenwind ein 200 Kilogramm schweres Raumfahrzeug mit einer 15 Kilometer messenden Magnetblase in drei Monaten auf 80 Kilometer pro Sekunde beschleunigen würde.
Ein Experiment, das dazu dienen soll, das Treibstoffproblem von Satelliten in Erdumlaufbahnen zu lösen, will die Nasa schon in den kommenden Monaten durchführen. Dabei soll ein mehrere Kilometer langes Kabel einen Satelliten in seiner Umlaufbahn halten. Ausgenutzt wird bei dem Proseds genannten Experiment der Effekt, dass auf einen Leiter, durch den Strom fließt, eine Kraft wirkt, wenn er in ein Magnetfeld gerät. Das an einem Satelliten befestigte Kabel wird ausgefahren, wenn dieser durch die zwar extrem dünne, aber immer noch vorhandene Luftreibung in erdnahen Umlaufbahnen absinkt. Während sich das stromdurchflossene Kabel durch das Erdmagnetfeld bewegt, zieht es den Satelliten langsam wieder in eine höhere Umlaufbahn. Die Lebenszeit von Satelliten, die bislang meistens durch die mitgeführte Treibstoffmenge begrenzt ist und weniger durch technische Abnutzung der Nutzlast, könnte so um ein Vielfaches verlängert werden, umgekehrt könnten ausgediente Satelliten billig zum Absturz in die Atmosphäre und zum Verglühen gebracht werden. KENO VERSECK
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