piwik no script img

Hochschule Verbrechen

■ SPD-Juristen fordern Resozialsierung statt Wegsperr- und Verwahrknästen

Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer JuristInnen (AsJ) hat vor Verschärfungen im Strafvollzug und vor einer „Justizpolitik mit Scheukappen“ gewarnt. „Konzepte der härteren Strafen und planloses Wegsperren gaukeln nur Sicherheit vor, wenn die Resozialisierung während der Haft so sträflich vernachlässigt wird wie unter dem Rechtssenat“, sagte AsJ-Chef Friedrich-Joachim Mehmel gestern nach der Fachtagung „Hamburger Strafvollzug am Scheideweg“.

Für Mehmel gehören Resozialisierung und Strafvollzug genauso zusammen wie Prävention und Represssion. Wer Knäste zu unwirtlichen Verwahranstalten umbaue, schaffe lediglich, so Mehmel „Hochschulen des Verbrechens und der kriminellen Künste“.

In Hamburgs Gefängnissen sitzen zurzeit 2300 Strafgefangene. 800 Insassen verbüßen Strafen bis zu einem Jahr, kommen dann also wieder auf freien Fuß. Daher seien Konzepte für die Täter gleichzeitig Schutz für die Opfer, so Mehmel. „Opferschutz von morgen ist Resozialisierung von heute.“

In dieselbe Kerbe schlagen Wolf Weber von der Opferhilfe „Weißer Ring“ und Pastor Stefan Pohl-Patalong vom Jugendgefängnis Hahnöfersand. „Rufe nach mehr Härte werden der Situation nicht gerecht“, so Pohl-Patalong. „Täter und Opfer sind oft identisch.“ Viele Jugendliche, die Gewalt anwenden, seien oft selber Opfer von Gewalt geworden. „Gelungene Resozialisierung bringt für die Zukunft mehr Sicherheit“, sagt Weber. „Aber selbst wenn ein Täter wieder rückfällig wird, aber die Brutalität abnimmt, ist das zwar nicht befriedigend, aber schon ein relativer Fortschritt.“

Für Mehmel ist es indes eine „Verhöhnung“, wenn der Rechtssenat bei der Opferhilfe spart. Denn Hilfe ist für Opfer ebenso wichtig wie die Bestrafung des Täters. Hamburg sei zudem auf dem Weg zu US-Verhältnissen. Da sind die Knäste wegen drakonischer Strafen voll und die Kriminalität trotzdem hoch. Kai von Appen

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen