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Machtkampf im Kongo erreicht jetzt auch Kinshasa

Nach der Verlängerung des Dialogs zur Verhandlung eines südafrikanischen Friedensplans wollen zivile Oppositionelle in den Krieg ziehen

BERLIN taz ■ Der Friedensplan des südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki für die Demokratische Republik Kongo, der jetzt Gegenstand einer zusätzlichen Verhandlungswoche beim „innerkongolesischen Dialog“ in Südafrika ist, erweist sich als Kriegsplan. Eine Gruppe von 50 Führungsmitgliedern der größten zivilen Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) hat mit der Ankündigung des bewaffneten Kampfes reagiert. „Wir haben nichts zu verlieren“, schrieben sie an ihren Parteichef Etienne Tshisekedi. „Wenn die laufenden Verhandlungen den Krieg belohnen, indem sie Kriegsführer an die Spitze des Landes setzen, laden wir unsere heldenhaften Kämpfer ein, sich bereitzuhalten, um das Land zu retten.“

Ihr Protest richtet sich dagegen, dass Mbeki das derzeit von Joseph Kabila besetzte Amt des Staatspräsidenten im Kongo durch einen Präsidialrat ersetzen will, dem neben Kabila die Führer der beiden größten Rebellenbewegungen angehören: Adolphe Onusumba für die von Ruanda unterstützte RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) und Jean-Pierre Bemba für die von Uganda unterstützte MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung). Die RCD soll sich um politische und militärische Belange sowie die Organisierung von Wahlen kümmern, die MLC um die Wirtschaftspolitik und den Wiederaufbau des Landes. Kabilas Funktion wird hingegen auf protokollarische Aufgaben ähnlich denen des deutschen Bundespräsidenten reduziert. Daneben gibt es noch ein Kabinett mit einem Premierminister aus den Reihen der zivilen Opposition, aber dessen Kompetenzen sind unklar.

Der Plan soll den Streit beenden, der den Dialog bisher lähmte: Kabila wollte nach einem Friedensschluss Staatschef mit exekutiven Vollmachten bleiben, die meisten anderen Verhandlungsteilnehmer lehnten das ab. Regierung und Rebellen haben Mbekis Vorlage erst einmal als „Arbeitsgrundlage“ akzeptiert. Aber beide äußersten zugleich Zurückhaltung, und allgemein überwiegt Skepsis. Der langjährige Oppositionelle Arthur Zahidi Ngoma nannte den Plan ein Rezept für Unregierbarkeit: „In Afrika, sagt man, gibt es keinen Platz für zwei Krokodile in einem Teich. Nun sollen drei Krokodile in einem Teich schwimmen.“ Die Vorrangstellung der Rebellenführer sei „eine Einladung an das Volk, zu den Waffen zu greifen“.

Genauso sehen das die UDPS-Briefschreiber. Ihre Drohung eines bewaffneten Kampfes ist ernst zu nehmen. Hochburg der Partei ist die zentralkongolesische Provinz Kasai, wo die größten Diamantenminen liegen. Quer durch die Provinz verläuft die Frontlinie zu den RCD-Rebellen, und die Regierung befürchtet, dass die UDPS nun die RCD und Ruandas Armee einlädt, Kasai zu besetzen und damit Kabila die wichtigste ökonomische Basis zu entziehen. Nach Angaben der UDPS-Briefschreiber beherrscht die Partei überdies ganze Stadtviertel von Kinshasa.

Die Regierung sagte in Reaktion, sie werde keine Störung der Ordnung in Kinshasa tolerieren. Damit wächst das Risiko bewaffneter Konfrontationen in der Hauptstadt. Bereits am Freitag organisierte die Stadtverwaltung eine Massenkundgebung, die an die Zeiten der Mobutu-Diktatur erinnerte: Alle Bürger bekamen frei, Busse wurden requiriert und 4.000 Schulkinder abgeordnet, damit zehntausende unter Parolen wie „Komplette und bedingungslose Unterstützung für Präsident Joseph Kabila“ zum Präsidentenpalast laufen konnten. Als UDPS-Anhänger sich auf der gleichen Route versammelten, wurden sie von der Polizei mit Tränengas auseinander getrieben. Sie wollten für die Freilassung mehrerer hundert ihrer Parteigenossen demonstrieren, die am Vortag verhaftet worden waren. DOMINIC JOHNSON

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