Die Fremde ruft immer lauter

Die Zahl der Berliner Auswanderer hat sich in den letzten Jahren verdoppelt. Aussteiger sind selten darunter. Im Ausland locken bessere Jobs und Qualifizierungsmöglichkeiten

Hab und Gut verkaufen, Koffer packen und auswandern: Während das Zuwanderungsgesetz, das qualifizierte Ausländer ins Land locken soll, noch auf sein In-Kraft-Treten wartet, emigrieren Deutsche zunehmend. Unter den jährlich rund 100.000 Auswanderern sind laut Statistischem Landesamt mehr als 5.000 Berliner. Die Zahl hat sich im letzten Jahrzehnt fast verdoppelt.

„Die beliebtesten Ziele sind immer noch die Vereinigten Staaten, Kanada, Australien und mittlerweile auch Europa“, sagt Christine Busch, Leiterin des Berliner Raphaels-Werks. Die Einrichtung berät Heimatmüde in Sachen Visa, Arbeitserlaubnis, und Umzug. „Die klassischen Abenteurer sind sehr selten“, sagt Busch. „Viele qualifizierte Menschen finden hier keinen Job und gehen darum für einige Zeit ins Ausland.“ Nach ihrer Rückkehr erhofften sie sich bessere berufliche Chancen. „Einige Länder und ausländische Unternehmen werben ganz gezielt Deutsche an.“ Schweden suche dringend Ärzte, auch Irland sei aktiv. Arbeit gebe es dort besonders in der Computerbranche, dem Hotel- und Gaststättengewerbe oder im Sozialwesen.

Inzwischen beschäftigt sich auch die Wissenschaft mit den neuen deutschen Emigranten. Ökonomische Faktoren wie Armut seien nicht mehr ausschlaggebend für die Auswanderung, erklärt der Bevölkerungswissenschaftler Rainer Münz von der Humboldt-Universität: „Es sind vielmehr globale Faktoren.“ Großunternehmen würden heute viele Mitarbeiter für längere Zeit ins Ausland schicken.

Zugenommen habe auch die so genannte Bildungsmigration. „Wer heute zur Forschungselite gehören will, muss an den entsprechenden Universitäten studieren“, so Münz. Dazu gehörten meist Hochschulen in Großbritannien und den USA wie Cambridge oder Yale. Das Problem: Die Hochqualifizierten kehrten oft nicht mehr zurück. KAB, DPA