: Linksradikale im Osten gesucht
Will die Kommunistische Plattform der PDS den Osten erobern? Bisher waren die Verfassungsschützer hier eher lässig – im Gegensatz zu ihren Kollegen im Süden
BERLIN taz ■ Eine Landeskonferenz in Brandenburg, ein Auftritt von Sahra Wagenknecht in Cottbus: die Kommunistische Plattform (KPF) der PDS, bisher in Brandenburg kaum in Erscheinung getreten, scheint in dem schläfrigen Bundesland auf dem Vormarsch. Das jedenfalls möchte die Landes-CDU glauben machen, um ihren Verfassungsschutz (VS) dazu zu bewegen, die PDS zu beobachten. Der Geheimdienst allerdings sieht mit den beiden Terminen noch keine Gefahr von links aufziehen.
Der Umgang der Verfassungsschützer mit der PDS ist so ambivalent wie die Partei selbst. Während sie in Bayern scharf beobachtet wird, machen Brandenburger sich keine Arbeit mit den Sozialisten. In Schleswig-Holstein oder Berlin werden nur noch einzelne Parteigruppierungen wie die KPF überwacht, andere Länder wie Nordrhein-Westfalen prüfen, ob sie ihre Beobachtung einschränken.
Im Süden der Republik wird nicht differenziert: „Das ist eine Sammlung von Sektierern, die mit der Idee des demokratischen Sozialismus nicht viel anfangen können“, wettert Hans-Jürgen Doll, Leiter der Extremismusabteilung des baden-württembergischen VS. Die PDS sei von Linksextremisten dominiert, die den „Reformflügel“ verdrängt hätten und Kontakte zu militanten Autonomen pflegten. Ähnlich urteilt der VS in München über die rund 650 bayerischen PDSler. „Es gibt genügend Gründe, sie zu beobachten, auch wenn die PDS im politischen Raum keine entscheidende Rolle spielt“, so ein Sprecher des Innenministeriums, „das spielen andere ja auch nicht.“
„Wir beobachten die PDS nicht“, sagt dagegen Michael Wolf, Leiter des VS in Schleswig-Holstein. Allerdings halte man auf die „alten marxistisch-leninistisch orientierten Kader“ weiter ein Auge, weil es „Anhaltspunkte gibt, dass sie aktiv gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung arbeiten“.
Für Winfried Wolf, Bundestagsabgeordneter aus Baden-Württemberg, ist das nur ein Vorwand, die gesamte PDS weiter zu beobachten. Der ehemalige Journalist findet seinen Namen seit den 70er-Jahren regelmäßig in VS-Berichten, „da gewöhnt man sich dran“. Er bezeichnet sich selbst als Sozialist und Trotzkist; dass ihm Verfassungsfeindlichkeit vorgeworfen wird, kann er nicht nachvollziehen: „Kapitalismus ist doch nicht im Grundgesetz festgeschrieben.“
Auch Uwe Vorberg, Wahlkampfleiter der NRW-PDS, will das Argument, Sammelbecken für unverbesserliche Linksextremisten zu sein, nicht gelten lassen: „Die Grünen haben doch auch alte Kader auf gehobenen Posten in den Ministerien.“ Selbst die KPF-Leute leisteten in den Kommunalparlamenten „ganz normale Reformpolitik“. Die „öffentliche Stigmatisierung“ solle die PDS schwächen, vermutet Vorberg. Gerade Beschäftigte des öffentlichen Dienstes würden, „obwohl sie seit längerem in unserem Umfeld arbeiten“, vor einer Mitgliedschaft zurückschrecken, weil die Partei beobachtet wird.
Im Osten der Republik haben die Verfassungsschützer den entspanntesten Umgang mit der PDS. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird lediglich die KPF beobachtet, in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg nicht mal das. Selbst in Berlin ist die Zahl der beobachteten Gruppen von sieben auf eine geschrumpft.
„Die PDS im Osten unterscheidet sich stark von der PDS im Westen“, versucht der Sprecher des brandenburgischen Innenministeriums, Heiko Homberg, den Unterschied zu erklären. KPF oder Marxistisches Forum seien nur rudimentär vorhanden. Die beiden Veranstaltungen hält Homburg auch noch nicht für beunruhigend. Sollte die KPF in Brandenburg Strukturen aufbauen, werde die Beobachtungsfrage neu erörtert. Zwischen einzelnen PDS-Mitgliedern und den unter Beobachtung stehenden autonomen Szenen, die zum Teil auch gewaltbereit seien, gebe es zwar ideologische Berührungspunkte, aber „da prallen Welten aufeinander“. NADIA LEIHS
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