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Ein weiterer Punktsieg für Italiens Gewerkschaften

Für die Gegner von Berlusconis Reformen des Kündigungsschutzes war der Generalstreik ein Erfolg. Regierung hält an Konfrontationskurs fest

ROM taz ■ Nach dem Generalstreik vom Dienstag konnten Italiens Gewerkschaften eine positive Bilanz ziehen. Zwar sind Zweifel erlaubt an der von ihnen gemeldeten Zahl von 13 Millionen Streikenden, die eine Beteiligung von 90 Prozent aller im Land abhängig Beschäftigten bedeutet. Aber an der Tatsache, dass die übergroße Mehrheit dem Aufruf gefolgt ist, ist kaum zu rütteln.

Nicht nur der gewerkschaftliche Kern aus der Industriearbeiterschaft, sondern auch die Angestellten im privaten Sektor ebenso wie im öffentlichen Dienst trugen dazu bei, dass praktisch alle Bereiche der italienischen Wirtschaft wie auch des Staates lahmgelegt waren. Trotz der in Berlusconi-Italien zur Regel werdenden Übung der Polizeipräsidenten, die Zahl von Demonstrationsteilnehmern nach unten zu schönen, verzeichneten die Gewerkschaftsbünde CGIL, CISL und UIL auch bei ihren in allen 21 Regionshauptstädten abgehaltenen Kundgebungen große Mobilisierungserfolge.

Weit mehr als 100.000 Teilnehmer wurden aus Mailand, aus Turin, Bologna und Rom gemeldet. Superstar war wieder mal CGIL-Chef Sergio Cofferati, der als Redner in Florenz etwa 400.000 Menschen anlockte. Auch die zweite Runde im Match Gewerkschaften-Berlusconi ging nach der Millionen-Demonstration vom 23. März an die Arbeitnehmerorganisationen.

Verfrüht wäre es dennoch, daraus Schlüsse auf den Ausgang der Auseinandersetzung zu ziehen. Berlusconi gestand den Gewerkschaften zwar zu, sie seien bei ihrem Protest vom Dienstag mit „gemäßigten Tönen“ hervorgetreten – damit aber war die Freundschaft vorbei. Sein erneutes Verhandlungsangebot ist keines: Die Regierung war immer „verhandlungsbereit“, beanspruchte aber, parallel zu den Gesprächen ihr Reformprogramm inklusive Aufweichung des Kündigungsschutzes durchzuziehen. Von dieser Position ist sie keinen Millimeter abgerückt. Im Gegenteil: Gestern verabschiedeten die Parteien der Rechtskoalition im Abgeordnetenhaus ein Regierungsvorhaben, das Betrieben aus der Schattenwirtschaft den Schritt in die Legalisierung damit versüßen will, dass es dort sämtliche Gewerkschaftsrechte streicht.

Aus zwei Gründen glaubt die Regierung, den Kurs der Konfrontation durchhalten zu können. Erstens setzt sie darauf, die am wenigsten kompromissbereite CGIL isolieren zu können und mit den beiden anderen Bünden wieder in Verhandlungen zu treten. Zweitens werden die Gewerkschaften nach dem Generalstreik Schwierigkeiten haben, den Druck zu erhöhen und zu verstetigen. „Ein Generalstreik ist eine Waffe, die man nur einmal einsetzen kann, und Cofferati weiß genau, dass er in einem Monat nicht den nächsten androhen kann“, bilanzierte Vizepremier Gianfranco Fini.

So populär das Nein zur Aufweichung des Kündigungsschutzes auch ist, so klar ist den Gewerkschaften, dass sie mit monatelangen aufgefächerten Streiks und Protesten ein hohes Risiko eingehen. Realistisch ist deshalb die Erwartung, dass der Widerstand sich von der gewerkschaftlichen auf die politische Ebene verlagert. Auf diesem Feld kann die CGIL als großen Erfolg verzeichnen, dass sie das gesamte Spektrum der Mitte-Links-Parteien hinter sich geschart hat. Es war ein seit Jahren nicht gesehenes Bild, dass der Kommunisten-Chef Fausto Bertinotti Seite an Seite mit Massimo D’Alema von den Linksdemokraten auf der Gewerkschaftsdemo in Rom mitmarschierte. Die geschlossene Front der Opposition hätte mit einer Volksabstimmungskampagne ein sehr wirksames Mittel, um die Auseinandersetzung über den Kündigungsschutz bis weit ins nächste Jahr zu einem für Berlusconi höchst ungemütlichen Dauerthema zu machen. MICHAEL BRAUN

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