: Colin Powell scheitert
Nahost-Mission des amerikanischen Außenministers ohne Ergebnis. Keine Einigung über einen Waffenstillstand. Israel setzt Offensive fort. UNO soll Belagerung von Dschenin untersuchen
JERUSALEM dpa/afp/taz ■ Die Bemühungen von US-Außenminister Colin Powell um ein Ende des Blutvergießens im Nahen Osten sind gescheitert. Powell gab am Mittwoch nach einem zweistündigen, als „sehr schwierig“ beschriebenen Gespräch mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat in Ramallah zu, dass es unmöglich gewesen sei, eine Waffenruhe zwischen Israel und den Palästinensern auszuhandeln. Er kündigte an, dass die USA ihre Bemühungen um Befriedung der Region verstärken wollten.
Powell selbst will in den Nahen Osten zurückkehren, sobald er US-Präsident George W. Bush über seine Gespräche informiert hat. Außerdem will er CIA-Chef George Tenet und den Nahost- Abteilungsleiter William Burns in das Krisengebiet schicken. Der Minister übte deutliche Kritik an Arafat, der „nicht genug getan“ habe, um den Terror zu bekämpfen. Gleichzeitig machte er aber auch den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon für die kritische Lage verantwortlich, weil dieser die Armee nicht aus den besetzten Gebieten abgezogen habe. Trotz seiner Kritik an Arafat bekräftigte Powell, dass dieser als „gewählter Führer“ der Palästinenser Washingtons Ansprechpartner bleibe.
Nach dem zweistündigen Gespräch Powells mit Arafat sagte dieser anschließend aufgebracht zu amerikanischen Reportern, es sei eine „Unverschämtheit“, dass die israelische Besetzung palästinensischer Städte andauere. „Ich frage die ganze Welt: Ist es hinnehmbar, dass ich nicht vor diese Tür treten kann?“, sagte er mit wütendem Blick auf die ihn umgebenden israelischen Panzer und Scharfschützen. Powell flog nach Kairo weiter, wo er die Außenminister Ägyptens und Jordaniens unterrichten wollte. Ein ursprünglich geplantes Treffen mit Präsident Husni Mubarak wurde dagegen abgesagt.
Die israelische Armee besetzte gestern mehrere Orte im Gebiet um die Städte Tulkarem und Dschenin im Westjordanland. Ein Palästinenser wurde bei der Aktion erschossen. Bei Hausdurchsuchungen seien zahlreiche Männer festgenommen worden, hieß es. Die Armee verhängte außerdem Ausgangssperren über zwölf Dörfer bei Dschenin.
Angesichts der Zerstörungen hat EU-Außenkommissar Chris Patten Israel aufgefordert, der UNO Zutritt zum Flüchtlingslager Dschenin zu gewähren. Die UNO müsse untersuchen, was in Dschenin wirklich geschehen sei. Nach Augenzeugenberichten sieht das Lager aus wie nach einem Erdbeben. Unter den Trümmern sollen dutzende palästinensische Opfer begraben sein.
reportage aus dschenin SEITE 3
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen