Ungleiche Schwarz-Gelb-Liaison

Vom Koalitionspartner FDP ist der künftige Ministerpräsident Wolfgang Böhmer nicht begeistert. Die vorlaute Liberale Cornelia Pieper könnte dem großväterlichen Christdemokraten die Schau stehlen

MAGDEBURG taz ■ Das Freibier zur CDU-Wahlparty im „Maritim“ hatte viele Unionsfreunde offenbar weit stärker in Stimmung gebracht als den bedächtigen Wahlsieger selbst. Mit lautem Gejohle begrüßten die Anwesenden die Rückzugserklärung des SPD-Ministerpräsidenten Reinhard Höppner. Doch der designierte Nachfolger Wolfgang Böhmer würdigte unverdrossen den Menschen Höppner – und warnte vor Hoffnungen, die CDU könne das Arbeitsmarktproblem in einem halben Jahr lösen. Und im Gegensatz zum eigenen Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber beharrte Böhmer darauf, dass der Wechsel in Sachsen-Anhalt keine Testwahl für den Bund gewesen sei.

Eine Testwahl könnte es eher für eine schwarz-gelbe Wiederannäherung sein. FDP-Spitzenkandidatin Cornelia Pieper erwartete noch am Montag ein Koalitionsangebot Böhmers. Der favorisierte zwar auch die FDP, hielt sich aber das SPD-Hintertürchen offen. Besonders pikant dürfte sich das Verhältnis zwischen dem großväterlich wirkenden Böhmer und der alerten „Conny“ Pieper ausnehmen. Auf der mit Abstand nobelsten Party im Hotel Ratswaage sprang die blau bejackte FDP-Generalsekretärin abwechselnd mit Glas oder Blumenstrauß in der Hand herum – und war offensichtlich nicht nur vor Freude trunken. An der Seite Böhmers könnte es ihr vielleicht doch gelingen, die heimliche Ministerpräsidentin des Landes zu werden.

Bei SPD, PDS und Grünen herrscht übereinstimmend die Meinung vor, die FDP habe mit flotten Sprüchen wie „Höppner geht, die Arbeit kommt“ Bauernfängerei betrieben wie vor vier Jahren die DVU. Viele der Spätentschlossenen oder Wechselwähler hätten hier eine Adresse für ihre Sehnsüchte gesehen. Schill-Adlatus Ulrich Marseille behauptete, ohne seine Partei wäre der Erfolg der FDP nicht möglich gewesen.

PDS-Spitzenfrau Petra Sitte kündigte an, die FDP peinlichst an ihre Wahlversprechen zu erinnern – etwa an die hunderten von Investoren, die Pieper ins Land holen wollte. Angesichts der bevorstehenden FDP-Regierungsbeteiligung sehen die Sozialisten die Kindergartenbetreuung oder den Zweiten Arbeitsmarkt in Gefahr.

Die Grünen, auf Bundesebene in Konkurrenz zur FDP, hatten in Magdeburg mit dem Schlimmsten schon gerechnet. Parteichefin Claudia Roth forderte von Kanzler Schröder ein Bekenntnis zu Rot-Grün. Höppners Sturz zeige, dass sich ein Herumeiern in der Koalitionsfrage nicht auszahle. MICHAEL BARTSCH