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Grüne wollen selber schnaufen

Zum Auftakt ihres Wahlkampfs suchen die Grünen auch nach der richtigen Distanz zum Koalitionspartner SPD: Zu viel Nähe gefährdet das Profil, zu wenig die Wahlchancen

BERLIN taz ■ Alle acht Plakatmotive waren vorgestellt, alle drei grünen Ministerinnen und Minister hatten geredet, alle vier Partei- und Fraktionschefs ebenfalls, als der Chefminister Joschka Fischer die schon leicht ermatteten Zuhörer mit einer Spitze gegen die SPD entließ: „Viel Spaß bei der Konkurrenz!“

Drei Kilometer von der Präsentation der grünen Werbekampagne entfernt, stellte gestern Mittag die SPD ihr Wahlprogramm vor. Fischers Spott war der einzige Hinweis auf offener Bühne, dass die Grünen in ihrem großen Koalitionspartner nicht nur einen festen Freund sehen. Eine kleine Umfrage nach der Veranstaltung zeigt aber deutlich, wie die Grünen den Sozialdemokraten im Wettkampf um die Wähler begegnen wollen: mit so viel Distanz wie möglich und so wenig Nähe wie eben nötig.

Beflügelt von guten Umfragewerten ist das Anlehnungsbedürfnis der Grünen derzeit gering ausgeprägt. „Was der Kohl da teilweise an Mund-zu-Mund-Beatmung gegenüber der FDP veranstaltet hat, das würde mir peinlich sein“, sagt Fraktionschef Rezzo Schlauch der taz. Seine Kollegin Kerstin Müller betont: „Es wird keinen Koalitionswahlkampf geben.“

Zu viel Nähe zu den Sozialdemokraten, so eine verbreitete Befürchtung, kostet eigenes Profil. Einen Lagerwahlkampf lehnt der Parteivorsitzende Fritz Kuhn darum ab: „Lager klingt so nach Geißler.“ Als CDU-Generalsekretär setzte Heiner Geißler einst auf die Konfrontation zweier gesellschaftlicher Blöcke.

Andererseits sieht die Partei ihre große Chance darin, die rot-grüne Partnerschaft als Gegenentwurf zur schwarz-gelben Kombination aus Stoiber und Westerwelle zu stilisieren. Kuhn prophezeit deshalb: „Es wird ein Richtungswahlkampf.“ Heißt das jetzt Wahlkampf mit oder gegen die SPD? „Weder mit noch gegen“, antwortet Spitzenkandidat Joschka Fischer. Er gibt die Parole aus: „Getrennt marschieren, vereint schlagen.“

„Es ist gut, wenn der Kanzler sich mit den grünen Erfolgen identifiziert – aber wir waren diejenigen, die sie durchgesetzt haben“, sagt Verbraucherschutzministerin Renate Künast. Daraus spricht die Befürchtung, Schröder könnte sich die Federn grüner Erfolge an den eigenen Hut stecken – nach der Wahl aber mit der FDP weiterregieren. Zwar geht niemand im grünen Führungskreis davon aus, der SPD-Chef könnte freiwillig desertieren, doch ausschlaggebend ist das Wahlergebnis. „Am Ende ist es eine Frage des Rechenschiebers“, schwant Künast.

Schlauch rät daher, auch Unterschiede zur SPD herauszustellen: „Bei der sozialen Erneuerung können wir unbefangener an notwendige Reformen herangehen.“ Gleichzeitig pinkeln die Grünen kräftig und koordiniert gegen die FDP. Eben noch habe Generalsekretärin Cornelia Pieper in Sachsen-Anhalt den Ministerpräsidenten-Posten für sich beansprucht, spottet Künast, jetzt fliehe sie zurück nach Berlin. „Kaum hat sie die Arbeit vor sich, macht sie sich vom Acker.“ PATRIK SCHWARZ

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