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SEIT 100 TAGEN REGIERT IN BERLIN DAS ROT-ROTE BÜNDNISTotal normal

Das Aufregendste an der rot-roten Koalition in Berlin ist bislang die Kritik an ihr gewesen. Da war vom Verlust der bürgerlichen Mitte die Rede, von der roten Gefahr und dem Geist der SED über der freiheitlichen Westhälfte der Stadt. Nun ist die neue Landesregierung aus SPD und PDS 100 Tage im Amt – und nichts dergleichen deutet sich an.

Es wächst vielmehr die Erkenntnis, dass die Sozialisten der Pleitehauptstadt nicht anders sparen als die Parteien der Mitte. Wie in Mecklenburg-Vorpommern harmoniert Rot-Rot auch in Berlin erstaunlich gut. Die PDS ist sogar in einem Maße bereit, Verantwortung für die Folgefehler des Kapitalismus zu übernehmen, dass es den konservativen Kritikern die Sprache verschlagen müsste. Das Land übernimmt die Bürgschaft für 21,6 Milliarden Euro Fondsrisiken bei der Berliner Bankgesellschaft – die PDS verkauft das als pragmatische Lösung.

Das Magdeburger SPD-PDS Tolerierungsmodell wurde kürzlich abgewählt – doch das ist kein Beweis für den Anfang vom Ende des ostdeutschen Rot-Rot-Testlaufs. Vielmehr zeigt das Beispiel aus Sachsen-Anhalt die prekäre Lage der SPD im Osten. Bei anhaltender Erfolglosigkeit im wirtschaftlich schwächsten Bundesland straften die Wähler die Sozialdemokraten und gaben der PDS noch einige Stimmen drauf.

Hatte Gerhard Schröder also doch strategischen Weitblick, als er den Berliner Genossen dringend eine Ampelkoalition für die Hauptstadt empfahl? Eines wird nämlich deutlich: In den Links-links-Konstellationen fällt es den Sozialdemokraten zusehends schwer, ihr linkes Profil gegenüber der kompetenten PDS-Sachpolitik zu halten. Es ist keineswegs die PDS, die sich durchs Mitregieren entzaubert. Es ist die SPD, die Gefahr läuft, im rot-roten Bündnis überflüssig zu wirken.

Rot-Rot an der Spree ist aber einstweilen ohne Alternative. Gelingt es Wowereit und Gysi einen wirklichen Masterplan für die Zukunft der Hauptstadt zu entwerfen, bleibt die skandalgeschüttelte Union noch eine ganze Weile draußen. Das wäre wünschenswert – mindestens so lange, bis die Schulden, die die CDU-Filzgesellschaft hinterlassen hat, abgestottert sind. ADRIENNE WOLTERSDORF

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