: Eine Öko-Karriere
Früher schaffte das Öko-Institut Gegenöffentlichkeit, zum 25-jährigen Jubiläum ist es Partner der Wirtschaft
FREIBURG taz ■ Die Gegenöffentlichkeit hat sich etabliert. Aus dem Kampf gegen das Atomkraftwerk Wyhl heraus wurde das Freiburger Öko-Institut vor 25 Jahren gegründet. Als Gegenpol zur „Phalanx der Experten, die Verwaltung und Industrie beraten“, heißt es in der damaligen Erklärung. Jetzt feiert das Institut 25-jähriges Jubiläum – und gehört immer öfter selbst zu diesen Kreisen.
Geschäftsführer Uwe Ilgemann verteidigt den Strategiewechsel: „Unternehmen sind Teil der Lösung, Umweltprobleme lassen sich nicht ohne sie lösen.“ Folgerichtig ist das Institut längst zum Partner der Wirtschaft geworden. Das kommt dem Institut zugute: Die Mitarbeiterzahl ist auf über 100 gewachsen, der Jahresetat liegt bei 6 Millionen Euro.
Der Dammbruch fand 1996 statt. Vom Chemiegiganten Hoechst hatten die Wissenschaftler den Auftrag erhalten, mehrere Öko-Audits zu erstellen. Die Kooperation wurde heftigt diskutiert; Mitarbeiter hängten beim Eintreffen der Hoechst-Abgesandten Anti-Hoechst-Plakate auf. Aber man arrangierte sich. Auf der Jahrestagung des Instituts mit dem Thema „Unternehmen Nachhaltigkeit“ traten jetzt auch Vertreter von BP, Novartis, BASF und der Telekom auf – schließlich führen sie alle unermüdlich das Wort „Nachhaltigkeit“ im Munde.
Doch was bringt’s am Ende? Gesundet die Umwelt durch eine Flut von Selbstverpflichtungen, Nachhaltigkeitsbekenntnissen und Öko-Audits der Unternehmen? Thilo Bode, Exchef von Greenpeace International, kann daran nicht glauben: „Damit geht die Welt nur transparenter zugrunde.“ Für den Öko-Vordenker muss sich „ethisches Engagement der Unternehmen im entsprechenden Einfluss auf die Politik äußern.“ Wenn der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sich nachhaltiges Wirtschaften attestiert, gleichzeitig aber Steinkohlesubventionen unterstützt, dann sei das nicht ehrlich: „Für Unternehmer wäre daher die erste nachhaltige Tat, aus dem BDI auszutreten.“ Die Fakten hat Bode auf seiner Seite. Während das Thema Nachhaltigkeit in den Konzernen diskutiert wird wie nie zuvor, haben sich die Umweltbedingungen in den entscheidenden Bereichen Klimaschutz und Biodiversität stetig verschlechtert. Die Rohstoffpreise seien noch zu niedrig, um das unternehmerische Interesse an Nachhaltigkeit zu wecken. Troztdem lieben die Firmen diesen Begriff, stellt auch Ilgemann desillusioniert fest – „weil er so diffus ist.“ BERNWARD JANZING
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