: Absturz einer Übergangsfigur
Der russische Politiker Alexander Lebed kam bei einem Hubschrauberunglück ums Leben
MOSKAU taz ■ „Ein Hirn wie Albert Einstein und eine Physis wie Arnold Schwarzenegger“, schwärmten Soldaten über Alexander Lebed, der als Kommandeur in Transnistrien die 14. Armee befehligte. Ein Lob so unbescheiden wie der Adressat. General Lebed war eine der schillerndsten Figuren in der russischen Politik des Postkommunismus. Gestern kam der Gouverneur von Krasnojarsk bei einem Hubschrauberabsturz nahe der sibirischen Stadt Abakan im Alter von 51 Jahren ums Leben.
Wie kein anderer Militär hat er in den Lauf der jüngsten russisischen Geschichte eingegriffen. 1991 schlug sich der Kommandeur einer Eliteeinheit auf die Seite Boris Jelzins, der sich mit der demokratischen Opposition während des Putsches gegen Michail Gorbatschow in Moskau verbarrikadiert hatte. Fünf Jahre später trat er als Präsidentschaftskandidat gegen den Kremlherrn Jelzin an. Der willensstarke Saubermann versetzte Jelzins Hofschranzen in Aufregung. Große Hoffnungen und Ängste verknüpften sich mit ihm. Mit Law-and-order-Themen landete er auf Platz drei und wurde im nächsten Wahlgang Königsmacher. Er hätte sich für Demokratie und gegen einen mit den Kommunisten drohenden Rückfall in die Diktatur entschieden, begründete er seine Unterstützung Jelzins. Der schickte ihn als Sicherheitschef in den Kaukasus. Kurz darauf legte er einen Friedensplan für Tschetschenien vor. Der Westen hofierte Lebed schon als Jelzins Thronfolger. Der aber entließ ihn wenig später. „Zwei Bären können nicht in einer Höhle hausen“, raunte Volkes Stimme.
Lebeds politische Heimat war der Rechtspopulismus: ein bisschen starke Hand, ein Schuss Nationalismus, eine Priese Großmachtanspruch. Er war die klassische Übergangsfigur, die mit der Vergangenheit gebrochen hat, aber ohne Visionen in die Zukunft driftet. Das rächte sich, als er 1998 die Gouverneurswahlen im sibirischen Krasnojarsk gewann. Die dortigen Probleme bekam er nicht in den Griff. Seine Popularität schwand dramatisch. Ein beispielloser Sturz eines Militärs, der das Leben der Soldaten achtete und Politik ein Primat vor Gewalt einräumte.
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