: Dräger polarisiert
Hochschulpräsidenten protestieren gegen neues Hochschulgesetz. Uni-Chef Jürgen Lüthje: „Ein Bruch mit den Grundsätzen der Selbstverwaltung“
Von KAIJA KUTTER
Wenig erfreut äußern sich Hamburgs Hochschulpräsidenten über den neuen Entwurf für ein Hochschulgesetz, mit dem Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) die Machtverhältnisse an den Hochschulen ändern will. Universitäts-Präsident Jürgen Lüthje spricht von einem „nicht zu rechtfertigendem Bruch“ mit den Grundsätzen akademischer Selbstverwaltung. Und Hans-Gerhard Husung, Präsident der „Hochschule für angewandte Wissenschaften“ (HAW) sieht die akademische Selbstverwaltung zumindest „gefährdet“.
Kern des Gesetzes, das Dräger am Wochenende an die Öffentlichkeit lancierte und das bereits ab Februar 2003 gelten soll, ist die Installation von externen „Hochschulräten“ nach Baden-Württenbergischem Vorbild. Diese Räte, die zur Hälfte mit von der Stadt ausgewählten Experten besetzt sind, sollen künftig strategische Entscheidungen für die Hochschulen treffen, den Wirtschaftsplan aufstellen und – dies stößt besonders auf Widerspruch – die Hochschulleitung wählen.
Dazu Lüthje: „Das Präsidium einer Hochschule ist keine Kommandobrücke, sondern ein vom Vertrauen der Hochschulmitglieder getragener Vorstand.“ Der Staat könne sein Mitwirkungsrecht auf einen „Hochschulrat“ übertragen, dürfe aber nicht den Hochschulen die Wahl der sie vertretenden Organe entziehen.
Lüthje warnt vor einer „hochschulpolitischen Polarisierung“ in der Stadt. Der von Dräger vorgelegte Referentenentwurf schieße „erheblich über berechtigte Ziele sinnvoller Gesetzesänderungen hinaus“. Zudem sei es „unverantwortlich“ die Hochschulen alle drei Jahre mit einem neuen Gesetz zu überziehen. Nachdem die Bürgerschaft vor nicht mal einem Jahr ein neues Gesetz beschlossen habe, konfrontiere Dräger die Hochschulen nun mit völlig anderen Vorstellungen. Lüthje: „Wir brauchen ein von allen Fraktionen getragenes Gesetz. Es kann nicht nach jeder Wahl etwas anderes gelten.“
„Diese Novelle ist die dritte, die mir in zwei Jahren Amtszeit begegnet“, konstatiert auch Husung. „Damit werden Ressourcen gebunden, die die HAW an anderer Stelle dringend braucht.“ Je weniger Geld da sei, so Husung, desto häufiger würden die Gesetze geändert.
Der parteilose Senator hatte die Entmachtung geschickt begründet. So sei geplant, die Professoren künftig nach Leistung zu bezahlen. Dies würde aber Hochschulpräsidenten, die unter anderem von ihren Professoren gewählt werden, in einen Interessenkonflikt bringen.
Der jüngste Streit um den „Letter of Intent“ (LOI) lässt jedoch ahnen, dass Dräger die akademische Selbstverwaltung auch lästig ist. Seinem Versuch, die Präsidenten in einer Art Blankoscheck auf die Umsetzung eines externen Gutachtens zu verpflichten, erteilte gestern übrigens auch Husung eine Absage: „Ich werde keine Vorab-Zustimmung geben.“ Dies und entsprechende Änderungswünsche für den LOI habe er Dräger bereits am 10. April übermittelt. Seine Hochschule habe in Vergangenheit bereits erfolgreich Strukturänderungen durchgeführt, die stets der Zustimmung der Selbstverwaltungsgremien bedurften. Husung führte die gegenteilige Annahme im LOI auf „Anfangschwierigkeiten“ zurück, die „vielleicht durch ungenügende Lektüre des Hochschulgesetzes“ entstanden seien.
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