Die Ego-Shooter sind keine Mörder

Die Fans des Computerspiels „Counterstrike“ protestieren mit einer Unterschriftenliste dagegen, dass sie mit Amokläufern in eine Ecke gestellt werden: Die virtuelle Terroristenjagd fördere das Gemeinschaftsgefühl

Auch Robert Steinhäuser hatte auf seinem PC das Spiel „Counter Strike“ installiert. Das unterschied ihn nicht im Geringsten von hundertausenden in seinem Alter. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften will das Spiel auf den Index setzen, und es mag sogar gute, wissenschaftlich abgesicherte Gründe dafür geben. Mit Steinhäusers Amok allerdings können nichts zu tun haben. Das Spiel gehört zwar zur Gattung der „Ego-Shooter“, aber es inszeniert keine individuelle Blutorgie, sondern einen politisch absolut korrekten Kampf gegen Terrorristen. Gleich zwei deutschprachige Websites geben einen Einblick in die Szene: www.plantecs.gamigo.de und www.counter-strike.de.

Design ist alles: Die technisch hoch entwickelte, virtuelle Kunstwelt kann nicht verbergen, dass das Spiel selbst nur das uralte Ritual des Kampfes von Gut und Böse, von Räuber und Gendarm, wiederholt. Auch der Umstand, dass zur Spielwiese in diesem Fall das Internet gehört, in dem sich „Clans“ genannte Gruppen bekriegen wie früher die Jungs auf dem Hinterhof, kann den politischen Großalarm nicht rechtfertigen. Natürlich kommt die Gewalt nicht aus dem Netz, und die Szene der Ego-Shooter fühlt sich völlig zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Die Autoren von „planetcs“ haben deshalb eine Unterschriftenaktion online gestartet, vor allem, um ihren Standpunkt wenigstens in diesem Medium öffentlich zu vertreten, und wohl weniger in der unrealistischen Hoffnung, das ohnehin geplante Jugendverbot ihres Lieblingsspiels verhindern zu können. Counterstrike, so lautet die zentrale These der Erklärung, werde keineswegs gespielt, um sich „an irgendwelchen Gewaltdarstellungen zu ergötzen“. Das Spiel sei vielmehr ein „wichtiger Teil der Freizeitgestaltung“, fördere die „Bildung von Gemeinschaften“ und damit zugleich „das Verständnis unterschiedlicher Mentalitäten“.

Tatsächlich wird in den Foren der beiden Websites zum ersten Mal nicht mehr nur über die neusten Versionen der Software diskutiert, sondern auch über Gewalt im Spiel und Gewalt in der Wirklichkeit. So unbeholfen manche Beiträge angesichts der ungewohnt abstrakten Frage sind, so sinnlos wäre es, ausgerechnet hier mit einem Verbot die Diskussion zu ersticken.

NIKLAUS HABLÜTZEL

niklaus@taz.de