: „Wir gehen auf Ruanda zu“
Der Generalsekretär der MLC-Rebellen Kongos verteidigt sein Separatabkommen mit Präsident Kabila, das vor zwei Wochen den Kongo-Friedensdialog sprengte
taz: Ihre Bewegung hat dem Kongo-Friedensprozess eine überraschende Richtung gegeben: Sie treten in Kongos Regierung unter Präsident Kabila ein, Ihr Chef Jean-Pierre Bemba wird Premierminister. Sind Sie jetzt an der Regierung?
Olivier Kamitatu: Nein, noch nicht. Zur Zeit beraten wir über eine Übergangsverfassung. Da ist Sorgfalt gefragt.
Aber das Wesentliche haben Sie schon beschlossen: Kabila bleibt Staatschef, MLC-Führer Bemba wird Premierminister.
Ja, aber der Rest ist offen – Parlament, Senat, Kabinett.
Uganda unterstützte Sie bislang gegen Kabila. Ist Uganda immer noch Ihr Freund?
Uganda unterstützt das Abkommen von Sun City. Zugleich will es nicht, dass wegen dieses Abkommens, das die RCD (Kongos größte, von Ruanda unterstützte Rebellenbewegung –d. Red.) nicht mit unterschrieben hat, seine alte Rivalität mit Ruanda wieder aufbricht. Deshalb hat Ugandas Präsident Kontakt zu seinem ruandischen Amtskollegen aufgenommen. Wir hoffen, dass die RCD uns wohl gesinnt ist, und wir sind offen dafür, dass sie sich am Prozess beteiligt.
Sie verlangen von der RCD, einem Abkommen zuzustimmen, das sie nicht mit ausgehandelt hat? Ihr Angebot an die RCD ist der Vorsitz des Parlaments – nicht sehr verlockend.
Die RCD kriegt den Parlamentsvorsitz und den Posten des stellvertretenden Premierminsisters, zuständig für Verteidigung. Das ist wichtig, denn die RCD hat eine Sensibilität für Fragen der Nationalität, des Minderheitenschutzes und des Föderalismus. Also kann die RCD nicht behaupten, man gewähre ihr nur kleine Posten.
Ja, aber Sie haben sie in Ihren Deal nicht einbezogen. Die RCD hält sich für das Opfer eines Komplotts.
Das ist falsch. Bei den Verhandlungen in Sun City waren RCD und MLC ursprünglich dafür, alle politischen Ämter inklusive des des Staatschefs für vakant zu erklären. Wir wollten, dass Joseph Kabila geht, und schlugen ein Präsidentschaftskollegium vor, in der Kabila einer von mehreren ist. Die RCD war dagegen, machte aber keinen Alternativvorschlag. Wir schlossen daraus, dass die RCD ein Scheitern des Dialogs und die Spaltung des Landes will. Jetzt erst erfahren wir, dass die RCD Etienne Tshisekedi (Führer der größten zivilen Oppositionspartei im Kongo, UDPS – d. Red) als Präsident anstelle von Kabila will.
Jetzt gibt es im Kongo zwei Lager: Sie und Kabila auf der einen Seite, auf der anderen die RCD, die UDPS sowie der internationale Kongo-Vermittler Ketumile Masire, der sagt, die Arbeit sei nicht zu Ende.
Die Arbeit ist zu Ende. Der innerkongolesische Dialog ist vorbei. Aber Verhandlungen zwischen Kongolesen werden weitergehen. Wir laden die RCD und Tshisekedi ein, mit uns zusammenzuarbeiten. Sobald die Regierung gebildet ist, werden wir auf Ruanda zugehen. Seine Sicherheitsbedenken sind legitim. Die Entwaffnung bewaffneter Milizen wird eine Priorität für Jean-Pierre Bemba sein, damit Ruanda aus dem Kongo abziehen kann. Die Anwesenheit von Völkermördern in unserem Land ist inakzeptabel.
INTERVIEW: FRANÇOIS MISSER
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