: Ohne Fernsehen ist nichts los
Überraschend gewinnt Kim Clijsters das Finale des Betty Barclay Cups in drei Sätzen gegen die Titelverteidigerin Venus Williams. Was die bedrohte Zukunft des Turniers am Rothenbaum angeht, gibt es keine überraschenden Wendungen
Von MIKE LIEM
Schon vor Beginn des Betty Barclay Cups am Rothenbaum raufte sich Turnierdirektor Walter Knapper die wenigen Haare. Auslöser war eine Dame, Weltranglistenplatz 69, die erst ihre Zusage gab und dann doch kurzfristig ihre Wild Card stornierte.
Für Knapper eigentlich kein Grund zur Verstimmung, wenn es sich nicht um Pop-Girl Anna Kournikova gehandelt hätte.
Gebeutelt von der Absagerin, konnte Knapper immerhin Titelverteidigerin Venus Williams (Nr. 1) und die Rothenbaum-Debütantin Kim Clijsters (Nr. 3) präsentieren, die sich auch gestern im Finale gegenüberstanden. Überraschend durfte am Ende die 18-jährige Clijsters den Sieger-Pokal und einen Scheck über 93.000 Dollar empfangen. Mit 1:6, 6:3 und 6:4 hatte die Belgierin ihre amerikanische Widersacherin niedergerungen. „Ein fantastischer Abschluss“, befand Turnierdirektor Knapper.
Alles andere als fantastisch waren die Zuschauerzahlen. Zum Finale erschienen auf dem 13.000 Zuschauer fassenden Center Court magere 7.000 Tennisfans. Allein am Wetter oder an der Abstinenz der Kournikova lag das nicht.
Sogar die Zukunft des Turniers am Rothenbaum ist ungewiss. Zünglein an der Waage spielt das Fernsehen. Christian Pirzer, Geschäftsführer vom Vermarkter IMG, weiß, dass es ohne „TV-Plattform dieses Turnier nicht mehr geben wird“. Der Vertrag mit dem ZDF endet dieses Jahr und auch die ARD hat kein Interesse mehr am Tennis. Ohne Fernsehpräsenz sind aber Sponsoren kaum zu verführen.
Der NDR lehnte es sogar ab, die German Open (13.-19. Mai) am Rothenbaum – ein hoch dotiertes Herren-Turnier der Masters-Serie – fast kostenlos zu übertragen. „Unverantwortlich“, findet dies DTB-Boss Georg von Waldenfels und droht gleich mit einem „Worst Case Szenario“: dem Umzug der beiden Turniere in eine andere Stadt wie etwa Berlin oder Düsseldorf, wenn es nicht zu einer Reduzierung der Preisgelder und zu einem Ausbau der Anlage kommt.
Über Letzteres entscheidet der Senat. Bleibt es beim Stillstand, ist der Traum von einem Superturnier am Rothenbaum und andere olympische Vorhaben vielleicht ausgeträumt.
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