: Festung Halbtagsschule bröckelt – in der Pfalz
■ Bildungssenator Lemke (SPD): „Ich will das unbedingt auch, aber das Geld fehlt“
Was Finnland für Deutschland ist, ist Rheinland-Pfalz für Bremen. Das Land im Südwesten der Republik hat schon vor Veröffentlichung der Pisa-Studie 300 Ganztagsschulen beschlossen, für die ab 2006 jährlich zusätzlich 60 Millionen Euro zur Verfügung stehen.
Karl-Heinz Held, Abteilungsleiter im rheinland-pfälzischen Bildungsministerium berichtete im Rahmen einer Tagung in der Arbeitnehmerkammer vom Beschluss seiner Regierung, mit Ganztagsschulen entscheidende Schwächen des deutschen Bildungssystems auszubügeln. Mehr Chancengleichheit für die Schülerinnen und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Eltern sollen das Ergebnis sein.
Der Bremer Bildungssenator wird es mit Neid gehört haben. „Ich will das unbedingt“, sagte Willi Lemke (SPD) bei der abschließenden Podiumsdiskussion, „aber sie kennen den Ressourcenmangel“. So wurde aus dem heftigen Reformsturm, der auf der Tagung von verschiedenen Fachleuten aus Finnland, Frankreich und Tschechien angeregt wurde, für Bremen ein laues Lüftchen. „Wir haben zwei Ganztagsangebote in Bremen“, zählte Lemke tapfer, „und wir werden vielleicht schon im nächsten Schuljahr zwei weitere haben“, vorzugsweise in sozialen Brennpunkten. Von oben verordnen wolle er aber so eine Reform nicht, „die Schulen müssen das selbst aus dem Kollegium heraus und entsprechend dem Bedarf anmelden“. Widerspruch erntete Lemke von Ex-Bildungssenator Horst von Hassel: „Wir brauchen eine politische Absichtserklärung für die Ganztagsschule, die glaubwürdig finanziell unterfüttert ist. Dann ziehen die Schulen auch mit.“ Dass es an den Lehrern und ihren Arbeitszeit-Vorstellungen scheitern könnte, glaubt DGB-Vorsitzende Helga Ziegert nicht: „Es kann für Lehrer sehr entlastend sein, wenn sie sich den Schülern umfassend widmen können“, so Ziegert, selbst lange Lehrerin an einer Ganztagsschule.
Vor einer Konzentration in sozialen Brennpunkten warnte Karl-Heinz Held eindringlich: „Sie stigmatisieren damit diese Schulform und die Schüler.“ hey Siehe auch Bericht auf Seite 24
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