schnittplatz: Tatmotiv: Rache
Johannes Baptist Kerner hat eine Show, die seinen Namen trägt. Für die Show ist ein Redaktionsleiter zuständig, der einen Bruder hat. Seit Verona Feldbusch in der Kerner-Show letzten Oktober in Tränen ausbrach und wir das schon vor der Ausstrahlung in Bild begutachten durften, wissen wir noch mehr: Der Bruder dieses Redaktionsleiters ist bei Bild.
Wie dem auch sei. Am Samstag war aus der, naja, Bild eben zu erfahren, dass Harald Schmidt und Manuel Andrack die „Goldene Feder“ des Bauer-Verlages nicht entgegennehmen würden – weil die Verleihung des Medienpreises von Kerner moderiert wird. Wegen dessen „medialer Außenwirkung“ könnten Schmidt und Andrack, so schrieben sie an den Bauer-Verlag, sich „unter keinen Umständen vorstellen, einen Preis in seiner Anwesenheit entgegenzunehmen“.
Tatsächlich ist Kerners mediale Außenwirkung seit seiner Sondersendung zum Amoklauf von Erfurt eher zweifelhaft. Da hatte das seriöse ZDF Kerner am Abend nach Erfurt geschickt, um Ministerpräsident Vogel zu interviewen, einen Psychologen ad hoc über die Hintergründe der Tat zu befragen – und um von einem Elfjährigen zu erfahren, was er gesehen hat im Gutenberg-Gymnasium.
ZDF-Sprecher Philip Baum ließ nun über die Bild am Sonntag verlauten, Kerners Fragen seien „einfühlsam und angemessen“ gewesen. Genau. Einfühlsam und angemessen fragte Kerner also einen Elfjährigen, nachdem der Zeuge eines Amoklaufs mit 18 Toten geworden war, was so auf dem Stundenplan gestanden und ob er eine tote Lehrerin gesehen habe. Doch Baum wusste auch schon, warum Kerner von Schmidt „angegriffen“ wurde: „Im Vergleich zu Schmidt hat er die besseren Gäste und die deutlich höheren Einschaltquoten.“
Schmidts Motiv ist also klar. Ebenso klar wie das von Robert Steinhäuser, das Kerner schon am Freitagabend per spontaner Küchentischpsychoanalyse und unter Protest des anwesenden Psychologen hinausposaunte: „Also Rache als Beweggrund für die Tat.“ Eine Tat, die bei Schmidt darin bestand, einen Brief an den Bauer-Verlag zu schreiben und nicht etwa an Bild. Es ist allerdings auch nichts von etwaigen Verwandten Schmidts in der Bild-Chefredaktion bekannt. HEIKO DILK
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