piwik no script img

Propaganda und Unterhaltung

Das Cinegraph und das Filmkunsthaus Babylon präsentieren seltene Tobis-Filme aus der Zeit des Dritten Reiches

In den Bergen des Ötztals wohnt der reiche Fenderbauer mit Wally, seiner einzigen Tochter und Erbin. Der Bauer will sie mit dem reichen Vinzenz vermählen, doch die Tochter liebt den Jäger Josef, der ihr vor Jahren das Leben gerettet hat …

Was vor sechzig Jahren als recht flotter Generationenkonflikt erzählt wurde, zählt heute zu den deutschen Tonfilmklassikern der skurrilen Sorte. „Die Geierwally“, 1940 von Hans Stenhoff mit Heidemary Hatheyer in der Titelrolle im schönen Tiroler Hochgebirge in Szene gesetzt, ist einer der bekanntesten Unterhaltungsfilme aus der Zeit des Nationalsozialismus. 1990 erlebte Geierwally übrigens eine Auferstehung in dem schwulen Trash-Remake von Walter Bockmayer, der das alpine Liebesleid mit Comic-, Slapstick- und Travestieelementen neu erzählte.

Gegen die schwüle Sentimentalität der im Dritten Reich produzierten Unterhaltungsware nimmt sich die Transencomedy allerdings wie eine Schülernummer aus. Die leichte Filmkost aus der NS-Zeit, deren Großteil heute zu Recht in der Versenkung verschwunden ist, kann nun in einer kleinen Reihe angeschaut werden. Das Filmkunsthaus Babylon präsentiert, gemeinsam mit dem Cinegraph Hamburg und dem Bundesarchiv-Filmarchiv eine öffentliche „Sichtung“ alter Schinken aus den 30er- und 40er-Jahren, die von der Filmfirma Tobis produziert wurden.

Die Geschichte der Tonbild Syndikat AG, die 1928 gegründet wurde, um die europäische Tonfilmtechnik zu vereinheitlichen und gegen die amerikanische Marktkonkurrenz zu stärken, und die ab 1937 als Tobis Filmkunst GmbH Filme produzierte und dabei, wie die UFA, einer strengen Zensur unterlag, ist Gegenstand eines filmhistorischen Kongresses, der im Herbst in Hamburg stattfindet. In dessen Vorfeld sind die Filme zu sehen. JSI

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen