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Schlechter Start für Raffarin

Der neue französische Premierminister stößt bei seiner Kabinettsbildung auf Schwierigkeiten. Mehrere Ministerkandidaten zeigen kein Interesse an einem neuen Job. Die Linke will ein Bündnis für die Parlamentswahlen im Juni schließen

PARIS afp ■ Ein Tauziehen im bürgerlichen Lager hat gestern die Bildung einer französischen Übergangsregierung aus Konservativen und Liberalen verzögert. Mehrere als Minister gehandelte Politiker hatten dem neuen rechtsliberalen Premierminister Jean-Pierre Raffarin in letzter Minute abgesagt. Dieser beriet sich daraufhin fast zwei Stunden lang mit Staatschef Jacques Chirac im Elysée-Palast.

Auf die Frage, ob seine Kabinettsliste feststehe, sagte Raffarin nach dem Treffen lediglich: „Alles läuft gut.“ Ursprünglich sollte die bürgerliche Regierung bereits am Dienstagvormittag präsentiert werden, 24 Stunden nach Raffarins Amtsantritt. Der Bürgermeister von Toulouse, Philippe Douste-Blazy, lehnte eine Beteiligung an der Regierung ab. Er habe seine Stadt nicht verlassen wollen, obwohl ihm Chirac und Raffarin einen wichtigen Ministerposten angeboten hätten, sagte der Politiker der liberalen UDF. Raffarin fordere aber von jedem Minister einen Verzicht auf andere Mandate.

Auch andere Ministerkandidaten winkten ab: Der Fraktionschef von Chiracs neogaullistischer Partei RPR in der Nationalversammlung, Jean-Louis Debré, wollte nach Angaben seiner Vertrauten lieber Bürgermeister von Evreux bleiben, statt Verteidigungsminister zu werden. Dieser Posten sei deswegen Parteichefin Michèle Alliot-Marie angetragen worden. Angeblich erteilte auch der als neuer Finanzminister gehandelte Stahlmanager Francis Mer dem neuen Premier eine Absage. Französischen Medienberichten zufolge war zudem die Stellung des RPR-Politikers Nicolas Sarkozy umstritten. Der 47-Jährige war lange als möglicher Premierminister gehandelt worden.

Aus der Umgebung Raffarins verlautete, wahrscheinlich werde er die Zahl der Schlüsselministerien in seinem Kabinett verringern, voraussichtlich auf etwa 15 Posten. In einem in diesem Jahr veröffentlichten Buch hat Raffarin einen Zehn-Punkte-Katalog vorgelegt, der seine wichtigsten Reformideen umfasst. Darin schlägt er unter anderem vor, kleine Ministerien wie die für Tourismus und Wohnungsbau aufzulösen und deren Kompetenzen den Provinzen zu übertragen.

Die Sozialisten wollten gestern Abend gegen das Chirac-Lager ein Bündnis für die Parlamentswahlen im Juni schmieden. Der Ausgang gilt als völlig offen. Die Sozialisten wollten sich mit den Grünen, den Kommunisten und der Radikalen Linken zusammenschließen. In 45 bis 65 der 555 Wahlkreise im Mutterland wollten diese Parteien demnach nur mit einem einzigen Kandidaten antreten, in 40 bis 50 weiteren Bezirken solle die Zahl der linken Bewerber auf zwei bis drei Kandidaten begrenzt werden. Zunächst war die Rede von noch mehr Einheitskandidaten gewesen.

Nach dem hohen Wahlsieg Chiracs bei der Präsidentschaftswahl am vergangenen Sonntag will knapp die Hälfte der Franzosen einer Umfrage zufolge in der Nationalversammlung für Kandidaten anderer politischer Lager stimmen. Damit wollten die Bürger „für einen Ausgleich“ bei der Verteilung der Macht sorgen, hieß es in der Umfrage. Sollte die Linke die Wahl gewinnen, müsste sich der Konservative Chirac wie in den fünf vergangenen Jahren erneut mit einem Regierungschef aus dem gegnerischen Lager arrangieren.

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