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Der Geheimdienst Vietnams fragt mit

Wurden abgelehnte Asylbewerber von Spitzeln verhört? „Wir können Unkorrektheiten nicht ausschließen“

BERLIN taz ■ Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) erhebt schwere Vorwürfe. In mehreren Bundesländern seien abgelehnte vietnamesische Asylbewerber gezwungen worden, sich durch Hanoier Sicherheitsbeamte ausspionieren zu lassen. Eigentlich sollten die Interviews durch vietnamesische Beamte nur dazu dienen, die Identität der Abschiebekandidaten zweifelsfrei festzustellen. Doch tatsächlich seien die Asylbewerber auch nach ihrem politischen Engagement in Deutschland gefragt worden sowie nach Aktivitäten ihrer Verwandten in Vietnam und in Drittstaaten.

„Auf die Frage mehrerer Flüchtlinge aus Niedersachsen, warum die Beamten das wissen wollten und wer sie eigentlich seien, antworteten diese: Du hast hier nichts zu fragen“, sagt Vu Quoc Dung, Asienreferent der IGFM. Daraus hätten die Flüchtlinge geschlossen, die Beamten gehörten zum Staatssicherheitsdienst. „Die Beamten aus Hanoi haben gedroht, dass ihnen die Asylakten ihrer Gesprächspartner gut bekannt seien“, so Dung.

Die Schnüffelei habe Konsequenzen: Rückkehrer nach Vietnam würden dort oft schikaniert. „Wer in Deutschland an Veranstaltungen von Exilgruppen teilgenommen hat, dem wird monatelang eine Familienregistrierkarte verweigert.“ Ohne die darf man aber in Vietnam weder arbeiten, umziehen noch seine Kinder zur Schule schicken.

Das Referat der Bundesausländerbeauftragen will die Vorwürfe prüfen, so Sprecher Bernd Knopf. „Dass Flüchtlinge von Beamten ihrer Heimat interviewt werden, ist prinzipiell legal.“ Asylrechtlich relevant wäre es aber, wenn es sich um Geheimdienstler gehandelt habe oder auch nur der Anschein erweckt worden sei. „Das wäre ein Nachfluchtgrund und könnte einen Asylfolgeantrag begründen.“

Einige Flüchtlinge wurden auch nach ihrem Einkommen in Deutschland gefragt, so die IGFM. Wer verdient, „dem wurde nicht selten ein Deal vorgeschlagen“, sagt Dung. Die Flüchtlinge hätten eine Handynummer erhalten, um mit einem Hanoier Beamten ein konspiratives Treffen zu vereinbaren. Zwischen 500 und 1.000 US-Dollar sollten sie mitbringen. Als Gegenleistung habe Hanoi versprochen, die Rückkehr der Flüchtlinge zu verzögern.

Der Hintergrund: Im deutsch-vietnamesischen Rückübernahmeabkommen wurde 1995 vereinbart, dass die Hanoier Regierung die Identität der Menschen überprüfen darf, die Deutschland nach Vietnam abschieben will. Bei rund 9.000 Vietnamesen in Deutschland hat Hanoi die Wiederaufnahme bereits abgelehnt oder aber den Antrag noch nicht bearbeitet. Die meisten dieser Menschen wollen gern in Deutschland bleiben.

Das Rückübernahmeabkommen sieht ausdrücklich vor, dass vietnamesische Beamte die Identität ihrer Landsleute auch in Deutschland überprüfen dürfen. In einem Testlauf haben im vergangenen November vietnamesische Beamte zunächst in Berlin und Brandenburg die Abschiebekandidaten befragt. Dort waren die Interviews aber harmlos, so die Auskunft eines Brandenburger Sozialarbeiters gegenüber der taz. „Die vietnamesischen Beamten haben Fingerabdrücke genommen und Passbilder gemacht.“ Wer nicht erschienen war, dem wurde die Sozialhilfe gestrichen. Im März waren dann Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt an der Reihe.

„Wir kennen die Vorwürfe der IGFM“, sagt der Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums, Klaus Engemann. „Wir können natürlich nicht ausschließen, dass es Unkorrektheiten gab.“ Die Interviews hätten auf Vietnamesisch stattgefunden, Landesbeamte und eigene Dolmetscher seien nicht immer dabei gewesen. Doch da sich bisher kein betroffener Vietnamese bei einer deutschen Behörde beschwert hätte, bestünde kein Anlass, den Vorwürfen nachzugehen. „Das würden wir aber tun, wenn sich ein Betroffener meldet.“ MARINA MAI

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