USA allein gegen Kinderrechte

Mit ultrakonservativen Positionen gelang es der US-Regierung, das Abschlussdokument des New Yorker Weltkindergipfels in wesentlichen Punkten zu verwässern. Nichtregierungsorganisationen befürchten einen Rückfall hinter bereits Erreichtes

NEW YORK afp/dpa/taz ■ Zum Abschluss des Weltkindergipfels in New York haben die Delegierten aus 180 Ländern einstimmig einen Aktionsplan zur Bekämpfung der Kinderarmut verabschiedet. Der Plan ziele darauf, innerhalb des kommenden Jahrzehnts Kinder von Armut, Hunger und Krankheiten zu befreien, sagte ein Sprecher des UN-Kinderhilfswerks Unicef am Freitagabend. Unicef-Direktorin Carol Bellamy zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis, mahnte aber die Umsetzung des Aktionsplanes an. „Der Erfolg einer UN-Konferenz hängt nicht von der Verabschiedung eines Dokuments ab, sondern davon, was danach passiert“, sagte sie. Nichtregierungsorganisationen kritisierten den Plan als unzureichend.

Der Aktionsplan mit 21 Punkten ist Teil des Programms „Eine kindgerechte Welt“, das auf vier Pfeilern ruht: Gesundheit, Bildung für alle, Schutz von Kindern vor Missbrauch und Gewalt sowie Kampf gegen Aids. Bellamy bezeichnete das neue Programm als „entschiedenes Bekenntnis zu den Rechten der Kinder“. Das Dokument sieht unter anderem vor, die Kindersterblichkeit bis zum Jahre 2010 um „mindestens ein Drittel“ und bis zum Jahre 2015 um zwei Drittel zu reduzieren.

Regierungsunabhängige Organisationen warfen den Delegierten der Europäischen Union vor, den Forderungen der konservativen US-Regierung nachgegeben zu haben. So konnte gegen den Widerstand Washingtons das Ziel nicht erreicht werden, die 1989 verabschiedete Kinderrechtskonvention zum allein verbindlichen internationalen Maßstab zu erklären. Die USA sind inzwischen das einzige Land der Welt, dass die Kinderrechtskonvention nicht unterzeichnet hat: Die Regierung lehnt vor allem das Verbot der Todesstrafe für minderjährige Täter sowie die Verpflichtung zu sexueller Aufklärung ab. „Das ist unakzeptabel“, schimpfte die guatemaltekische Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú: „Alle sozialen Organisationen, insbesondere die mit einem Schwerpunkt auf Kinderrechte, müssen diese Attitüde zurückweisen.“

Mit ihrem Versuch allerdings, sexuelle Enthaltsamkeit vor der Ehe als einzige Maßnahme der Familienplanung und Aids-Prävention zu fordern, konnten sich die USA – wieder einmal im Einklang mit dem Vatikan und einigen islamischen Ländern – ihrerseits nicht durchsetzen, genau so wenig wie mit dem Versuch, die Ehe zwischen Mann und Frau als einzig mögliche Form der Familiengründung zu verankern. Einen Absatz zur Gesundheitsversorgung für Schwangere lehnten die USA ab, weil die Formulierung als Aufforderung zur Abtreibung missverstanden werden könne.

Die US-Delegation zeigte sich mit dem verwässerten Ergebnis zufrieden: „Die Sprachregelungen in den Gipfeldokumenten sind nun so allgemein gehalten, dass sie nicht mehr für Abtreibungen herhalten können“, kommentierte ein US-Teilnehmer die Formulierungen zur reproduktiven Gesundheit, „das wollten wir erreichen.“ Rund um die Uhr hatten Vertreter ultrakonservativer US-Vereine vor dem Verhandlungsraum Wache gehalten, um ihre Regierungsdelegation unter Druck zu halten.

Der Dachverband von mehr als 100 Nichtregierungsorganisationen, CRC, kritisierte hingegen die Ergebnisse. Mit den Kompromissen sei ein „Tor aufgestoßen worden zum Rollback der Errungenschaften früherer Sozialkonferenzen“. Deren ohnehin schon schwammige Formulierungen, aus denen sich allerdings Rechte auf Verhütung sowie auf Schwangerschaftsabbrüche bei Minderjährigen ableiten ließen, seien noch mehr verwässert worden.